Kunstgeschichte:Über Götter lachen

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Momentaufnahmen aus dem Museum, Blicke hinter die Kulissen. Mit Fragen und Antworten, die es möglich machen, sich den Gemälden zu nähern und sie als Anregung und Impulsgeber für die Kunst der Gegenwart zu sehen.

Von Anette Dittel

Könnte selbst ein geläufiger Begriff wie Museum erklärungsbedürftig geworden sein? Oder warum sonst sollte die Kunsthistorikerin Susanna Partsch im ersten Kapitel ihres Buches zur Kunst der Alten Meister den Anfang der Schausammlungen erklärt haben? Es könnte aber auch ein gutes Zeichen sein in Zeiten, in denen Teilhabe unabhängig von Geschlecht, Religion und Herkunft diskutiert wird, einer ehrwürdigen Institution auf den Zahn zu fühlen. Vor allem, wenn sich die darin gezeigte Kunst in ihrer Bedeutung nicht von allein erschließt.

Für die Autorin jedenfalls handelt es sich bei den Werken von Dürer, Cranach, Rubens & Co. keinesfalls um alte Schinken, sondern um wichtige Zeugen einer vergangenen Zeit, mehr noch: Sie betont ihre Bedeutung als Anregung und Impulsgeber für die Kunst der Gegenwart. Doch im Gegensatz zu einer Lichtinstallation von James Turrell, bei der die Luft zu flirren scheint, bieten die historischen Gemälde keine unmittelbare körperliche Erfahrung, vielmehr verlangt die Bildanalyse Vorwissen und etwas Muße. Wie sich Museen um ein entsprechendes Ambiente bemühen, zeigen die Kapitelseiten mit Momentaufnahmen von Besuchern vor Bildern. Es finden sich aber auch Einblicke hinter die Kulissen, wenn etwa ein Kran notwendig wird, um ein Großformat über die Brüstung in den Ausstellungssaal zu hieven, oder der Blick aufs Detail, wenn erst mit Hilfe der Infrarotreflektografie der Aufbau einer Bildkomposition ersichtlich wird. Das Besondere jedoch sind die Fragen, die der vermeintlichen Hochkultur zu Leibe rücken. Sie sind zum Glück nicht rein rhetorischer Natur, sondern das Ergebnis einer Umfrage, und scheuen weder das Naheliegende ("Welche Bedeutung hat der Bilderrahmen?") noch die Metaebene ("Darf man über Götter und Helden lachen?").

Dieser Ansatz entspricht einem aktuellen Trend: Selbst das MoMA in New York hat die Moderatorin Abbi Jacobsen zu einem Podcast eingeladen, um wirklich jeden und alles zu fragen, was sie an Kunst nicht verstehen. Die Antworten holen die Werke vom Sockel. Als sich Napoleon die Mona Lisa von Leonardo da Vinci in sein Schlafzimmer gehängt hat, war sie schließlich auch noch nicht das berühmteste Gemälde der Welt, sondern für ihn vermutlich einfach nur sehenswert.

Ein direkter Bezug zur Lebenswirklichkeit von Jugendlichen, jungen Erwachsenen oder Familien ist damit noch nicht geschaffen, auch wenn man nach der Lektüre mit Fachbegriffen jonglieren kann. Eine gewisse Affinität zur Kunstgeschichte wird vorausgesetzt, doch wer sich darauf einlässt, wird sich dem Reiz der Bilderrätsel nur schwer entziehen können. An vielen Punkten müssen selbst Experten noch Vermutungen anstellen, und von der Fragerei kann man sich gut und gerne anstecken lassen.

© SZ vom 13.04.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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