Konzert:Vereint in der Musik

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Das "Pera Ensemble" von Mehmet Cem Yesilcay bringt verschiedene Kulturen zusammen

Von Dirk Wagner

Wir spielen drüben. Kommt mit", sagte der Fremde, der der Probe von Mehmet Cem Yesilcays damaligem "Sufi-Orchester" im Carl-Orff-Saal gelauscht hatte. Drüben, das war die Philharmonie im Gasteig, und wir, das war die Band um und mit Miles Davis, mit dem Yesilcay einen Nachmittag lang jammen durfte, bevor beide Formationen am Abend wieder getrennt konzertierten. Jahre später hat Cem Yesilcay in München das preisgekrönte "Pera Ensemble" gegründet, dessen Aufbereitung und Vergleich von Musik aus Orient und Okzident im Barock den Alla-Turca-Gedanken weiterführt.

Mit zahlreichen Gastmusikern zelebriert das Pera Ensemble am Samstag, 18. März, bereits zum dritten Mal in München eine "Music For The One God". Darin vereinen die Musiker nicht nur Kompositionen aus jüdischen, christlichen und muslimischen Kulturen, sie spüren auch ihren gemeinsamen Traditionen nach. Viele der aufbereiteten Lieder hat das Pera Ensemble in Bibliotheken gefunden, wo sie verschriftet in die Vergessenheit zu geraten drohten. Zusammen mit den Chören der Dommusik München, Tanzenden Derwischen und zahlreichen Solisten lässt das Pera Ensemble diese Lieder nun als Zeichen einer interkulturellen Geschichte neu erklingen. Etwa den Psalm 15, für dessen Vertonung der italienische Komponist Marcello zu Beginn des 18. Jahrhunderts ein hebräisches Lied aus dem 12. Jahrhundert aufgegriffen hatte. Dieser wird laut Yesilcay am Samstag in der Münchner Philharmonie uraufgeführt. "Juden, die nach Istanbul flohen, lebten zum Beispiel neben einem Sufi-Kloster, so dass die Sufi-Musik aus diesem Kloster begann, auch die Musik der Juden zu beeinflussen", erklärt der Oud-Spieler eine weitere Vermengung musikalischer Traditionen, denen er im Programm "Music For The One God" nachgeht. Besonders stolz ist er in diesem Jahr auf die Mitarbeit des jüdischen Schofarspielers Peter Dostál-Berg. Dessen aus Widderhorn gefertigtes Instrument ist das einzige Instrument aus dem Altertum, das noch immer in den Synagogen zu hören ist.

Des Weiteren darf man sich auf die Sängerin Michal Elia Kamal freuen. Als Tochter iranischer Eltern in Israel geboren, darf Kamal mit ihrem israelischen Pass nicht in den Iran reisen, obwohl sie das Land auch als Teil ihrer Kultur begreift. Als Straßenmusikerin entdeckte Mehmet Cem Yesilcay sie in Istanbul, wo sie nach eigenem Bekunden sowohl Israelin und Jüdin als auch Iranerin sein darf. Ihre Musik begreift Kamal, die davon träumt, irgendwann auch in Teheran aufzutreten zu können, als Werkzeug für die Menschlichkeit. Und das passt natürlich hervorragend zu Yesilcays Musikbegriff: "Man muss sich nicht lieben, aber man kann gemeinsam Musik machen. So lernt man dann auch, sich mit Respekt zu begegnen", fasst er die Möglichkeiten einer Musik zusammen, die der persische Mystiker Rumi im 12. Jahrhundert einmal als "das Knarren der Pforten zum Paradies" erkannte.

Wer diesem Knarren bereits beim letzten, restlos ausverkauften "Music For The One God"-Konzert 2015 lauschen durfte, wird nie vergessen, wie nah man sich an diesem Abend dem Paradies fühlte. Das erinnerte durchaus auch an jene Ringparabel, in der ein Mann seinen Frieden stiftenden Ring in drei Ringe umgießen ließ, um jedem seiner drei Söhne einen zu vererben. Doch einzeln scheinen deren Ringe nun ihre Kraft verloren zu haben. Wo jene Ringe in "Music For The One God" wieder zusammen wirken, spürt man deren Kraft. Es ist die Kraft eines Fremden, der sagt: "Wir spielen drüben. Kommt mit."

Music For The One God , Pera Ensemble, Samstag, 18. März, 20 Uhr, Philharmonie im Gasteig, Rosenheimer Straße 5

© SZ vom 16.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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