Kolumne: Deutscher Alltag:Wie die Zeit vergeht...

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Wer hätte vor zehn Jahren gedacht, dass Steinmeier mal Kanzler werden soll und Merkel zur Alpha-Viper wird, die alle Rivalen leise mit einem Kissen erstickt?

Kurt Kister

Jetzt ist schon fast wieder Ende August. August, der achte Monat des Jahres 2009. Was ist eigentlich mit den anderen sieben Monaten passiert? Wann waren die denn? Und 2008, hat das überhaupt stattgefunden?

1998 wurde Angela Merkel Schäubles Generalsekretärin. Schon damals sah sie aus nach: Ich will selber machen. (Foto: Foto: ap)

Zu Beginn dieses Jahres, gefühlsmäßig vor langer Zeit, dachte man, dass in diesem Jahr ja schon wieder Bundestagswahl ist. Zwar konnte man kaum glauben, dass die letzte Wahl bereits vier Jahre zurückliegt. Vier Jahre unter der Frauschaft von Angela Merkel, der Tante Deutschland, die mit ihrem, vom Vorgänger übernommenen Groß- und Haupthausmeister Steinmeier regiert hat. Obwohl einerseits die Zeit zu verfliegen scheint, meint man andererseits, dass Merkel seit vielleicht nicht ewigen Zeiten, aber dennoch mindestens schon seit zwei Legislaturperioden regiert. Das hat nicht nur mit ihr zu tun, sondern auch mit Steinmeier, der schon seit 1998 in Bonn dabei ist.

In Bonn übrigens war Steinmeier bescheiden und Angela Merkel nahezu verhuscht. Wenn man in Schröders Bonner Kanzleramt kam, dröhnte in den ersten Monaten der rot-grünen Regierung Bodo Hombach herum. Hombach war als Kanzleramtsminister Steinmeiers Chef. Der wölfische Schröder bezeichnete Hombach nach dessen hurtigem Abgang 1999 gerne als "meinen besten Mann". Im Auftrag der Bundesregierung restrukturierte Hombach erst Bosnien. Jetzt restrukturiert er die WAZ. Vielleicht wäre es gut, wenn die Bundeswehr, die Bosnien eigentlich nicht mehr stabilisieren muss, bald die WAZ stabilisiert.

Steinmeier also übernahm in Bonn nicht einmal den Titel Kanzleramtsminister, den Hombach leicht angestoßen zurückgelassen hatte. Aber Steinmeier war in Bonn und später im frühen Berlin ein sehr netter Mann, silberhaarig vor der Zeit. Er schnorrte gerne mal eine Marlboro und lachte laut, oft auch über seinen Chef, wenn auch fast immer loyal. Man hätte nie gedacht, und zwar wirklich NIE, dass Steinmeier einmal Minister werden müssen könnte.

Und wer, sagen wir im Jahre 2000, in Berlin behauptet hätte, Steinmeier würde mal Kanzler werden wollen, dem hätte man empfohlen, sich physisch und psychisch durchchecken zu lassen. Auch Steinmeier selbst hätte ihm das empfohlen.

Bei Merkel war das schon damals anders. Als sie Schäubles Generalsekretärin war, roch sie schon nach: Ich will selber machen. Bei ihr war das zwar nicht dieser säuerlich-aphrodisiakische Geruch, den Machtmänner ausströmen, sondern eher ein leicht süßlicher Hauch von Viper im Tropengarten. Sie hat ihr Alphatierwesen auch nie so ausgestellt wie Schröder oder Lafontaine. Was sie gut kann, ist Rivalen leise mit dem Kissen zu ersticken. Hinterher lässt sie dann verbreiten, sie könne sich dieses plötzliche Ableben gar nicht erklären.

© SZ vom 22.08.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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