Genie und Wahnsinn, Exzentriker und feinsinniger Privatier: Klaus Kinski wandelte stets auf schmalem Grat. Für seine Wutausbrüche bekannt, war er einer der beeindruckendsten Charakterdarsteller des deutschen Films. Regisseur Werner Herzog bezeichnete ihn als Genie. Heute vor 20 Jahren starb er an einem Herzinfarkt in Kalifornien. Seine Karriere in Bildern. Genie, Egomane, aber auch feinfühliger Privatmensch - selten hat der deutsche Film eine schillerndere und exzentrischere Perönlichkeit erlebt als Klaus Kinski. Oft spielte er in seinen Filmen psychopathische und getriebene Charaktere, verhielt sich in Interviews unberechenbar, und war bei den Drehs ein gefürchteter Wüterich. Als Kinski vor 20 Jahren am 23. November 1991 in Langunitas, Kalifornien verstarb, hinterließ der 65-Jährige ein Werk voller Spektakel und so große Filme wie "Aguirre, der Zorn Gottes", "Nosferatu" oder "Fitzcarraldo". Legendär war die Zusammenarbeit von Klaus Kinski und ...
...Werner Herzog. Fünf Filme drehten die beiden zusammen. Nicht selten krachte es dabei ordentlich. Kinski ging dem Regisseur auch schon mal an die Gurgel. "Mit seinem Tod haben wir eine große Kraft der Natur und des Kinos verloren", schrieb Werner Herzog nach Kinskis Tod. "Er war das einzige Genie, dem ich begegnet bin." Über die einzigartige und schwierige Beziehung zwischen Regisseur und Darsteller drehte Herzog schließlich die Dokumentation "Mein liebster Feind", die 1999 in die Kinos kam.
Mehr Legenden können sich um einen Film kaum ranken: "Aguirre, der Zorn Gottes" aus dem Jahr 1972 war eine der Kooperationen von Kinski und Herzog. Und was rund um den Dreh geschehen sein soll, klingt unglaublich. Erzählt wird die fiktive Expedition spanischer Konquistadoren im 16. Jahrhundert, die das legendäre Goldland Eldorado im Urwald des Amazonas ausfindig machen wollen. Unter fast unmenschlichen Bedingungen trieb Herzog die Film-Crew mitten durch den Dschungel. Um die Strapazen überhaupt aushalten zu können, wurden sie von den Hochlandindianern dabei angeblich mit Cocablättern versorgt. Doch neben den schwierigen Drehbedinungen, wurde vor allem Klaus Kinski zunehmend zum Problem. Immer wieder kam es zu heftigsten Streitigkeiten mit Herzog. Bei Wutausbrüchen und Tobsuchtsanfällen, die die Produktion an den Rande des Abbruchs brachte, sollen sich Kinski und Herzog laut Aussage von Drehteilnehmern bei einer Gelegenheit sogar mit Waffengewalt bedroht haben. Wäre der Dschungel als Drehort für Kinski und Herzog einmal nicht genug gewesen, ...
... so ging es zehn Jahre später noch einmal nach Südamerika. "Fitzcarraldo" (1982) war die vierte Zusammenarbeit zwischen Kinski und Herzog und erzählt die Geschichte des irischen Abenteurers Carusofan Fitzcarraldo, der im brasilianischen Dschungel ein Opernhaus errichten will. Und wieder sollte der Dreh unter schweißtreibenden Umständen stattfinden. Hauptdarsteller neben Kinski diesmal: Ein Flussdampfer in Originalgröße. Werner Herzog war besessen von der Idee, mitten im Urwald einen Flussdampfer über einen Berg ziehen zu lassen, anstatt die Szene im Studio mit einem Plastikboot nachdrehen zu lassen. Mario Adorf, der ursprünglich für den Film engagiert war, hat Herzog in "Der Grenzgänger" später als menschenverachtenden und größenwahnsinnigen Regisseur dargestellt, der nicht nur Hunderte Urwaldbäume fällen lasse, sondern auch planmäßig das Leben von Schauspielern und Indios riskiere. Kein Wunder, dass Klaus Kinski wenig Begeisterung zeigte und auch bei diesem Dreh immer wieder mit seinen berüchtigten Wutasbrüchen auffiel. Laut eigenen Angaben von Herzog sollen Indios, die für den Dreh engagiert waren, ihm angeboten haben, Kinski umzubringen. Dass es auch weitaus harmonischer zugehen konnte, wenn Herzog und Kinski zusammengearbeitet haben, zeigt ...
... der Film "Nosferatu - Phantom der Nacht" (1979), eine Hommage an den Vampir-Klassiker "Nosferatu, eine Symphonie des Grauens" von Friedrich Wilhelm Murnau. Klaus Kinski, hier an der Seite von Isabelle Adjani, stellte den Vampir so übermächtig dar, wie kaum jemand zuvor. Im selben Jahr erhielt er das Filmband in Gold für den besten Schauspieler Deutschlands, erschien aber nicht zur Preisverleihung. In 130 Filmen wirkte Kinski bis zu seinem Tod 1991 mit. Er selbst fand die meisten davon "zum Kotzen" und betonte in Interviews immer wieder, den Beruf nur des Geldes wegen auszuüben. "Zum Kotzen" fand er sicherlich seine ersten Rollen in ...
... Edgar Wallace-Verfilmungen. Ganze 16 Mal trat er in verschiedenen Episoden auf - "Das Rätsel des silbernen Dreiecks" (1965/66) nur eine davon. Zwar waren seine Rollen hier wenig anspruchsvoll und nicht mit den Charakterdarstellungen in späteren Jahren zu vergleichen, die Edgar-Wallace-Filme machten Kinski in Deutschland einem breiten Publikum bekannt. Erste Bühnenerfahrung hatte Kinski, der am 18.Oktober 1926 als Klaus Günther Karl Nakszynski im heute polnischen Zoppot geboren wurde, nach dem Krieg in einem britischen Gefangenenlager gesammelt. In den 1950er Jahren zog er schließlich mit Versen von François Villon und Arthur Rimbaud als Ein-Mann-Wanderbühne durchs Land. Internationale Bekanntheit verschafften ihm nicht nur solch eindrucksvoll gespielten Nebenrollen wie in David Leans "Doktor Schiwago" (1965), sondern vor allem auch Italowestern. Einer der bekannteren ...
... trägt den Namen "Leichen pflastern seine Weg" (1968). Der Kopfgeldjäger Loco ist der gefürchtetste Schlächter in Utah (gedreht wurde aber in den Abruzzen). Der österreichische Regisseur Michael Haneke gilt als großer Fan des Films und bezeichnete das Ende in einem Interview mit der Zeitung Die Zeit als "unglaublich". Das einzige Stück mit einer ähnlichen Handlungsstruktur, das ihm einfiele, sei Monteverdis Oper "Die Krönung der Poppea". Dabei ist dieser Film auch als kritische Antwort auf "Für ein paar Dollar mehr" von Sergio Leone zu verstehen, der die Rolle des Kopfgeldjägers unkritisch, geradezu naiv darstellt. Während Kinksi mit seinen Filmen immer wieder für Furore sorgte, lieferte er 1971 seinen skandalträchtigsten Auftritt ab, als er ...
... sich in der Berliner Deutschlandhalle als Jesus-Rezitator versuchte. Unter dem Titel "Jesus Christus Erlöser" präsentierte Kinski eine eigene Interpretation des Neuen Testaments. Der Abend endete in wüstem Durcheinander und gegenseitigen Beschimpfungen von Publikum und Künstler. Rufe wie "Faschist", "Psychopath" und "Entschuldige dich!" beantwortete Kinski mit Ausfällen wie "Scheiß Gesindel!" Die Pressekritiken der nächsten Tage waren negativ. Kinski wurde als nicht ernst zu nehmender Krawallmacher beurteilt - ein Vorurteil, das ihm einen Großteil seiner Karriere begleitete. Das letzte Werk, das Klaus Kinski fertigstellte war im Jahr 1988 der Film ...
... "Kinski Paganini". Schon seit den 1950er Jahren hatte sich Kinski für den Paganini-Stoff interessiert, 1988 war es dann endlich soweit. Kinski spielte die Hauptrolle, übernahm die Regie, schrieb das Buch und machte auch den Schnitt des Films. Ein letztes Mal spielte und inszenierte eine Figur mit maßloser Expressivität und Exaltiertheit und bewegte sich auf dem schmalen Grat zwischen Genie und Wahnsinn. Am 23. November 1991 starb Klaus Kinski an einem Herzinfarkt in seinem Haus in Kalifornien. In seinem Gedicht "Abschied" schrieb er: "Ich richte mich auf - ganz steil - wie es Bäume tun, wenn sie wissen, dass es Zeit zum Sterben ist - ich muss weg von hier!!"