Filmstarts der Woche:Welche Filme sich lohnen und welche nicht

Netflix zeigt eine düstere Version des "Dschungelbuchs". Und "Under the Silver Lake" ist eine Sightseeingtour durch das Los Angeles der Spinner und Spanner.

Von den SZ-Filmkritikern

100 Dinge

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(Foto: dpa)

Wetten, dass ... du die meisten Dinge, die du besitzt, nicht wirklich brauchst? Klingt nach einer Doku über die Wegwerfgesellschaft, ist aber der Ansatz einer Zeitgeistkomödie, die Konsumkritik übt - in der süffigsten, konsumierbarsten Verpackung. Zwei smarte Jungunternehmer wetten, dass es der andere keine 100 Tage ohne seinen Besitz aushält, und wachen nackig und verkatert in ihren leer geräumten Lofts auf. Jeden Tag dürfen sie genau einen Gegenstand zurückholen. Da wird schnell klar, was wirklich wichtig ist (der gute warme Mantel, nicht das böse Handy). Autor und Regisseur Florian David Fitz und Produzent Matthias Schweighöfer spielen auch die Hauptrollen. Sie haben meistens wenig an und sagen Sätze wie: "Das ist so schlecht, dass es schon fast wieder gut ist." Genau!

Anna und die Apokalypse

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(Foto: DMcCallum; Copyright 2017 ANNA AND THE APOCALYPSE LTD)

Menschen wanken grunzend und bösartig beseelt durch die Straßen, denn es ist Weihnachten. Zombie-Apokalypse, hohoho! John McPhail hat aus dieser Fantasie ein eher harmloses Highschool-Musical gemacht, in dem der Rektor trotzdem von stinkenden Kadavern gefressen wird. Ein Familienfilm für Leute, die Familien doof finden, aber gern lustige Pullover mit Weihnachtsbäumen drauf tragen.

Astrid

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(Foto: dpa)

Bevor Astrid einen Herrn Lindgren heiratete und Kinderbuchbestseller im Dutzend schrieb, war sie ein abenteuerlustiges Mädchen, das von einem älteren Mann schwanger wurde und im ländlichen Schweden der Zwanzigerjahre einen Skandal verursachte. Pernille Fischer Christensen hat aus diesem Erlebnis einen berührenden Film über Lebenszweifel und Lebenslust gemacht, und die wunderbare Astrid-Darstellerin Alba August ist die Entdeckung dieses Kinojahres. Eine ausführlichere Kritik lesen sie hier.

Climate Warriors

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(Foto: Copyright W-Film)

Die Umweltbewegung trat lange eher verschlurft auf, in Birkenstocklatschen schlappte sie in eine bessere Zukunft. Protz, Kraftmeierei und Pathos passten nicht zu den Ökos. So allmählich ändert sich das aber, davon legt der Dokumentarfilm von Carl-A. Fechner Zeugnis ab. Es geht mal wieder um Menschen, die vor Solarpanels stehen und sagen, jeder könne etwas bewegen, es geht mal wieder um den "Green Governor" Arnold Schwarzenegger. Aber die Rhetorik ist kriegerischer als früher bei ähnlichen Filmen, das Orchester auf der Tonspur größer, die Kamera ist ständig in kaum merklicher Bewegung, so viel Spannung liegt auf den Bildern. Die Schwarzeneggerisierung des Kampfs gegen den Klimawandel ist in vollem Gang.

Climax

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(Foto: Wild Bunch Distributions)

Komplett entnervender Horror-Trip von Gaspar Noé, Skandalregisseur vom Dienst. Eine Gruppe Tänzer fährt zur Vorbereitung einer Tournee aufs Land. Erst wird fröhlich getanzt, dann tut jemand harte Drogen in die Sangria, weswegen bald alle in einen großen, visuell aufgemotzten, paranoiden Blutrausch geraten. Fühlt sich an, als würde man LSD nehmen und dabei gleichzeitig verprügelt werden. Also nicht sehr gut.

Jota - Mehr als Flamenco

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(Foto: Copyright Sherlock Films)

Nach "Sevillanas", "Flamenco", "Tango" und "Fados" führt Carlos Saura seine Reihe musikalischer Dokumentationen mit dem aus seiner Heimatregion Aragon stammenden Jota weiter. Wie Perlen an einer Kette reiht er Darbietungen von Musikern, Sängern und Tänzern, solo, im Duo und in der Gruppe aneinander, rekapituliert historische Traditionslinien und eröffnet moderne Interpretationen. Doch vor den gemalten Kulissenwänden in hermetischer Tanzstudioatmosphäre ohne Publikum wirken das Feuer und die Melancholie der Musik nur recht gebremst.

Mogli: Legende des Dschungels

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(Foto: Copyright Netflix)

Netflix avanciert zum Waisenhaus für elternlose Filmprojekte. Dass das Hollywoodstudio Warner Andy Serkis' "Live-Action"-Adaption des "Dschungelbuchs" verstoßen hat, kann man ihnen aber nicht verübeln. Der Film will düsterer und tiefsinniger als seine Vorgänger sein. Das Ergebnis ist dann aber so redundant, lust- und lieblos, dass man sich im Anschluss entweder das Buch oder Disneys Neuauflage gönnen will (ab 7.12. auf Netflix).

Roma

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(Foto: Carlos Somonte/AP)

Unter den Augen des großen Alfonso Cuarón wird das Alltägliche episch - und das Persönliche zum kunstvollsten Arthouse-Film des Jahres. In wunderschönen, fließend komponierten Schwarzweiß-Bildern erzählt er von seinen eigenen Kindheitserinnerungen im Mexico City der siebziger Jahre, von politischen Umbrüchen, vor allem aber von seinem Kindermädchen und weiblicher Solidarität in einer vaterlosen Familie. Warmherziges, berührendes, tiefempfundenes Kino mit endlosen Trackingshots und einer meisterhaften Mise en Scène, dessen Bilder sich ins Gedächtnis brennen und einen danach noch lange begleiten.

Tabaluga - Der Film

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(Foto: dpa)

Mehrere Alben, ein Musical, eine Zeichentrickserie und eine TV-Show. Tabaluga hat schon viel hinter sich. Der kleine grüne Drache wurde in den achtziger Jahren unter anderem von Sänger Peter Maffay erfunden. Nun also ein Animationsfilm fürs Kino. Bei Regisseur Sven Unterwaldt verlässt Tabaluga seine Heimat, um im frostigen Eisland sein Feuer zu suchen. Er findet die Liebe, aber auch einen brutalen Feind. Ganz ohne Musicalkitsch geht es nicht, aber bei so viel Drama fiebern nicht nur junge Zuschauer mit Tabaluga mit.

Under the Silver Lake

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(Foto: Copyright A24)

Eine Sightseeingtour durchs Reich der Zeichen, Los Angeles und Umgebung, mit seinen Spinnern und Spannern. Andrew Garfield macht sich auf die Suche nach einem verschwundenen Mädchen und säuft in einem Schwall mysteriöser Zahlen, Bilder, Andeutungen, im Ohr hat er dazu die Mutter, die ihn in den "Seventh Heaven" schicken will. Und ein Hundekiller ist unterwegs. David Robert Mitchell hat vor ein paar Jahren das fantastische Kino durchgerüttelt mit seinem Film "It Follows"; "Under the Silver Lake" lief dann im Wettbewerb von Cannes. Mit dabei Riley Keough, die Lars von Trier gerade malträtieren lässt in seinem "The House that Jack Built".

Unknown User 2: Dark Web

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(Foto: dpa)

Sechs Studenten veranstalten eine Game Night über Skype. Dabei entdecken sie einen Ring grausamer Psychokiller und geraten selbst in deren Visier. Inhaltlich treibt Stephen Susco ein böses Spiel mit den digitalen Spuren, die jeder hinterlässt, visuell folgt der Horrorfilm seinem Vorgänger. Die Kinoleinwand wird zum Desktop, die Geschichte wird ausschließlich durch Online-Kommunikation erzählt.

Widows - Tödliche Witwen

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(Foto: dpa)

Eine Bande von Dieben fliegt nach einem Raubüberfall in die Luft. Vier der Witwen tun sich zusammen, um - statt Rente - das bereits geplante nächste Projekt ihrer Männer zu realisieren. Steve McQueen zeigt in bewährt kühler Manier, wie diese Quereinsteigerinnen zu professioneller Haltung finden, während die Gesellschaft um sie herum ähnlich kriminell agiert, nur besser getarnt und mit weniger Skrupeln.

Yours in Sisterhood

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(Foto: Copyright 2018 Arsenal Institut)

Minimalistischer kann ein Dokumentarfilm kaum sein. Die britische Regisseurin Irene Lusztig lässt alte Leserbriefe aus dem Archiv des amerikanischen Frauenmagazins Ms., das in den Siebzigerjahren den feministischen Diskurs mitprägte, in die Kamera hinein vorlesen. Manche von den damaligen Schreiberinnen selbst, andere von Frauen und Mädchen aus derselben Stadt. Die Anschlussfrage: Was hat sich verändert und verbessert für Frauen? Wie viel Diskriminierung gibt es noch? Die meisten Antworten sind deprimierend. Aber immerhin gibt es Filme wie diesen, in denen Frauen offen und angstfrei sagen, was sie bedroht und bedrückt.

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