Filmstarts der Woche:Welche Filme sich lohnen - und welche nicht

Lars Damoiseaux zerfetzt in "Yummy" Gedärme, Gehirne und Genitalien. "Edison" idealisiert den amerikanischen Traum mit Benedict Cumberbatch.

Aus der SZ-Kinoredaktion

Als wir tanzten

1 / 11
(Foto: Salzgeber)

Im georgischen Nationalballett herrschen militärische Verhältnisse: Der traditionelle Tanz muss Härte suggerieren, nur echte Kerle sind ihm gewachsen. Schon ist man bei der Homophobie, die einen der Tänzer einholt, der sich zum ersten Mal in einen Mann verliebt. Levan Akins Tragödie bekommt Flügel durch den Tanz und ein Herz durch ihren Hauptdarsteller, dazwischen darf man Komplize sein beim Alltag junger Männer in einer fremdartigen Stadt.

Anton Bruckner

2 / 11
(Foto: Arsenal Filmverleih)

Glücklicherweise bestimmt viel Musik diese Komponisten-Film-Biographie von Reiner E. Moritz - von Orgelspiel über (Männer-)Chöre bis hin zu Ausschnitten aus allen neun Symphonien mit den Münchner Philharmonikern unter Valeri Gergiev; telegen in Szene gesetzt am Ort von Bruckners Wirken als Organist über seinem Grab in der barocken Stiftskirche von St. Florian. Leben und Werk des Komponisten, der den halligen Kirchenraum bei seiner Musik immer mitdachte, spiegeln sich in Aussagen seiner Biographin Elisabeth Maier, von Dirigenten (am prägnantesten: Kent Nagano) und Chorleitern wie Organisten, aber auch in historischem Bildmaterial und leider allzu touristisch geratenen Aufnahmen der Orte seines Wirkens. Ein Film für Bruckner-Einsteiger.

Dreissig

3 / 11
(Foto: epd)

Sechs Freunde feiern einen 30. Geburtstag. Simona Kostova inszeniert mit langen Einstellungen einen Ausschnitt aus ihrem Leben. 24 Stunden, in denen wenig mehr passiert, als dass sie durch Neuköllns Straßen und Clubs treiben. Alle schleppen eigene Probleme mit durch die Nacht: Schreibblockade, Liebeskummer, Haltlosigkeit. Eine Reise ohne Ziel, unter deren Hedonismus große Fragen durchscheinen, nach Sinn und Zugehörigkeit. Kostova sucht darauf keine Antworten, nur einen unverstellten Blick auf jene Zwischenphase um die 30, in der das Gewicht der Zeit spürbar wird.

Edison

4 / 11
(Foto: Leonine)

Thomas Edison (Benedict Cumberbatch) erfindet die Glühbirne, und schafft es doch nicht, Amerika zu elektrifizieren - weil er den Massenmarkt unterschätzt. Der Lichtgestalt Edison dreht dann ein Gegner den Strom ab, George Westinghouse (Michael Shannon), ein viel weniger begabter Erfinder - aber ein besserer Geschäftsmann. Ganz einfallsreich gedrehte Filmbiografie von Alfonso Gomez-Rejon, mit zu viel pathetischer Idealisierung des amerikanischen Traums. Und: Einer der letzten Filme aus der Oscar-Schmiede des gefallenen Produzenten Harvey Weinstein. Man kann hier noch einmal sehen, dass dessen Preisgala-Kino zuletzt eine wirksame Inspirationsbremse für wirklich begabte Filmemacher war.

Out of Play

5 / 11
(Foto: epd)

Der neue Trainer, der ein Verliererteam an der Highschool über Nacht in ein Siegerteam verwandelt - kann man das unendlich oft erzählen? Regisseur Gavin O'Connor und sein Star Ben Affleck meinen ja. Zumindest, wenn der Coach (hier: Basketball) zuvor sein Kind verlor, im Schmerz zum Trinker wurde und auch seine Ehe ruiniert hat. Alkoholismus und Scheidung - das erinnert stark an Ben Afflecks eigenes Leben und soll es auch. So bleiben hier folgende Erkenntnisse: Im Absturz und Comeback des Alpha-Männchens steckt wirklich keine einzige neue Idee mehr. Aber es findet weiter statt, und das Leid dahinter ist immer noch real.

Schwarze Milch

6 / 11
(Foto: Alpenrepublik)

Die Jurte der mongolischen Nomadin Ossi wird zum kulturellen wie spirituellen Transformationsraum, als ihre Schwester Wessi nach Jahren aus Deutschland zum Ort ihrer Kindheit zurückkehrt. Filmemacherin Uisenma Borchu erkundet in der Begegnung der beiden Schwestern behutsam die äußeren und inneren Spannungen, die zwischen den gesellschaftlichen Erwartungen an Frauen und ihren instinktiven Bedürfnissen entstehen. In den leisen Zwischentönen dieser Beziehung entsteht eine berührende Nähe, die Borchus Film jenseits der beobachtenden Postkartenansichten der Wüste Gobi einfängt.

Sea of Shadows

7 / 11
(Foto: dpa)

Chinesen zahlen Höchstpreise für die getrocknete Schwimmblase des Totoaba-Fischs aus dem Golf von Kalifornien, weshalb dort der illegale Fischfang blüht. Weil in den verbotenen Netzen auch die allerletzten Exemplare des knopfäugigen und extrem bedrohten Vaquita-Wals verenden, kämpft eine Allianz aus Naturschützern, Wissenschaftlern und investigativen Journalisten gegen die kriminellen Fisch-Kartelle. Regisseur Richard Ladkani erzählt das als Doku-Thriller mit Dunkelmännern, Drohungen und Verfolgungsjagden, als fast aussichtslosen Kampf gegen Korruption und menschliche Gier.

Sword of God

8 / 11
(Foto: Dropout Cinema)

Zwei Männer wollen einen heidnischen Stamm vom Christentum überzeugen, allerdings sind sie sich über das Wie uneinig. Auch weil nicht viel gesprochen wird (der eine näht sich den Mund zu) bleibt einiges im Dunkeln. Der Mittelalter-Film des polnischen Regisseurs Bartosz Konopka sieht sich unter anderem in der Linie mit "Walhalla Rising". Die Heiden wirken mit ihren gekalkten Gesichtern allerdings recht verkleidet. Dank der Kamera von Jacek Podgórski gibt es dennoch einige interessante Bilder zu sehen.

The Vigil

9 / 11
(Foto: dpa)

Yakov, Aussteiger aus einer ultraorthodoxen jüdischen Gemeinde, könnte 200 Dollar verdienen, wenn er nach altem jüdischen Brauch bis zum Morgen den Leichnam des gerade Verstorbenen vor dem "Bösen" bewacht. Sein Unwohlsein ist groß, die Geldsorgen aber größer. Vor Ort trifft er die demenzkranke Witwe, die ihm allerlei Schlimmes über die Vergangenheit des Toten erzählt. Etwa über den "Mazzik", den der mit sich herumgetragen hat, einen Dämon, erweckt vom Schmerz des Holocaust-Überlebenden. Ein Dämon, der nun von jemand Neuem zehren muss. Keith Thomas' Filmdebüt bedient einige Horrorfilmklischees, aber seine Inszenierung ist angenehm ruhig - und doch tief beunruhigend. Etwa wenn sich Yakov im Halbdunkel um die bedeckte Leiche bewegt, die Kamera dabei determiniert wie ein Schlachter, der sein tausendstes Schaf schächtet.

Yummy

10 / 11
(Foto: Kinostar)

In seiner Zombie-Splatterorgie "Yummy" zerfetzt der niederländische Debütant Lars Damoiseaux Gedärme, Gehirne und Genitalien und hält sich strikt an die zweifelhafte Maxime "Je ekliger, desto witziger". Er jagt seine Figuren durch ein schäbiges Krankenhaus, in dem hinter jeder Ecke ein blutrünstiger Untoter und ein Zombiefilm-Klischee wartet, und vergisst dabei, dass Geschmacklosigkeiten allein noch kein unterhaltsames B-Movie machen.

What You Gonna Do When The World's On Fire?

11 / 11
(Foto: Grandfilm)

Roberto Minervinis Porträt der New Black Panther Party, der klagegewaltigen Barbesitzerin Judy und zweier Brüder in New Orleans stammt aus dem Jahr 2018. Die Black Lives Matter-Bewegung macht den Film unvermindert aktuell, das elegische Schwarzweiß der Bilder zeitlos: Armut und Gefängnis, der Ku-Klux-Klan und Polizeigewalt machen Schwarzes Leben zu einem Monument uralter Unterdrückung und epischen Widerstandes.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: