K-Pop:Randale im Cornflakes-Himmel

Lesezeit: 3 min

Die Girls von "Blackpink" gehört zu den erfolgreichsten Vertreterinnen des K-Pop. (Foto: More Forms/dpa)
  • Die koreanische Girlgroup Blackpink hat mit einem neuen Musikvideo gleich mehrere Youtube-Rekorde gebrochen.
  • Das Video wurde in nur 24 Stunden 56,7 Millionen Mal aufgerufen und überholte damit Ariana Grande.
  • In der schnellebigen Welt des K-Pop zählen Blackpink trotzdem fast zu den Veteranen.

Von Jonas Lages

Vier Frauen stehen in einer Kathedrale, die in ihrer Mischung aus Metall und weißem Marmor an einen leergeräumten Yves-Saint-Laurent-Laden erinnert. An der Wand prangt ein Hybrid aus Kühlergrill und Kirchenorgel. Es ertönen Bläser-Fanfaren, im Basskeller grollt eine muskulöse 808-Drummachine wie ein angeleinter Löwe. Die Band skandiert wie in den meisten Intros ihrer Songs den Schlachtruf "Blackpink in your area". Und so ist schon nach wenigen Sekunden das Versprechen auf Randale und Endorphin-Entladung formuliert. Es wird absolut eingehalten.

Die koreanische Girlgroup Blackpink hat mit dem Musikvideo zu ihrer neuen Single "Kill This Love" gleich mehrere Rekorde auf der Videoplattform Youtube gebrochen. Innerhalb der ersten 24 Stunden wurde das Video 56,7 Millionen Mal geklickt und überholte damit die bisherige Bestmarke von Ariana Grandes Ode "thank u, next". Auch der zweite Rekord ließ nicht lange auf sich warten; genau gesagt nur 62 Stunden: In weniger als drei Tagen erreichte der Clip am Wochenende 100 Millionen Aufrufe. Youtube-Rekorde sind für das koreanische Quartett jedoch nichts Neues. Im Januar wurde der Clip zu "Ddu-Du Ddu-Du" zum meist gesehenen Musikvideo einer K-Pop-Band; momentan steht er bei 745 Millionen Klicks.

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In der neuen Single "Kill This Love" geht es darum, eine toxische Beziehung zu beenden, bevor sie einen selbst vernichtet. Das ewig gültige Ton-Steine-Scherben-Mantra "Macht kaputt, was euch kaputt macht" gilt also auch im koreanischen Pop und wird aus der politischen in die private Sphäre übertragen. Es ist einer jener Songs, bei dem man sich einen Vorschlaghammer in die Hände wünscht, um irgendetwas zu zerstören.

Im Mainstream des Westens angekommen

Nach K-Pop-Maßstäben ist "Kill This Love" in Klang und Bildästhetik zwar nicht außergewöhnlich. Vielmehr folgt das Stück der Erfolgsformel, die die Gruppe mit ihrem Überproduzenten Teddy Park in "Ddu-Du Ddu-Du" selbst perfektionierte. Aber gerade darin spiegelt sich noch einmal mustergültig der unwiderstehliche Reiz, der vom Zeichen- und Zitat-Gewitter eines K-Pop-Musikvideos ausgeht.

Dort zeigen nach dem Kathedralen-Intro nämlich die beiden Rapperinnen der Gruppe zu gluckernden Synthies erstmal, was sie so draufhaben. Jennie thront dabei auf einem schwarz-weißen Schwanenpaar, dessen zusammengesteckte Köpfe die Form eines Herzen bilden. Lisa beginnt mit einem Zitat der Raplegende The Notorious B.I.G. - "Kick in the Door" - und tritt ganz buchstäblich eine Tür ein: zu einem begehbaren Cornflakes-Schrank.

Nach dem letztjährigen Welterfolg der Boyband BTS, der sie bis vor die Generalversammlung der UN brachte, scheint koreanischer Pop auch im Mainstream des Westens anzukommen. Blackpink ist nun eine der ersten Girlgroups, die nach BTS auf der Hallyu genannten Koreanische Welle mit einer Welttournee sowie der Unterstützung von Universal Music und ihrer in den sozialen Netzwerken aktiven Fangemeinde zur Eroberung des Westens ansetzt.

Badass-Attitüde statt Unschulds-Kult

In der schnelllebigen Welt des K-Pop gehört die Gruppe freilich schon zu den Veteranen. Seit ihrem Debüt 2016 gehört die Gruppe mit ihrer Mischung aus Dance-Pop und Trap-Rhythmen zur Speerspitze im K-Pop-Kosmos. Während andere koreanische Girlgroups oftmals ein Image der Unschuld oder Laszivität kultivieren, bestach Blackpink von Beginn an mit einer Badass-Attitüde, die sich, genauso unverkrampft wie perfektionistisch, ihre Verspieltheit nicht nehmen lässt. Da baumeln die Shopping-Tüten schon mal vom Kanonenrohr des diamantenbesetzten Panzers.

In "Kill this Love" sehnt man sich kurz vor dem Refrain die Fanfaren des Intros herbei, aber der Song macht nun erstmal, was niemand so gut wie K-Pop-Künstler beherrscht: urplötzlich wechseln Stimmung und Register des Tracks. Diese spannungssteigernde Ruhepause ist bei Blackpink stets der Moment für die beiden singenden Diven. Jisoo führt also ein erweitertes tableau vivant vom Plattencover zu Janelle Monáes "Dirty Computer" auf, bevor Rosé unter Tränen im Auto ihrem eigenen Spiegelbild entgegen rast und die Zuschauer noch mit ein paar Phantomschmerzen für den Refrain ausstattet.

Und dann, nach Salven aus der Snaredrum, endlich: die Fanfaren vom Anfang sind zurück und der Refrain ist da. Blackpink tanzen in Lara-Croft-Montur in einer Ruine und rufen zur Tötung der Liebe. Vor dem Kopf einer antiken Frauenstatur - Aphrodite musste anscheinend schon dran glauben - imitieren die Königinnen der Onomatopoesie dann noch einen Militärmarsch. Da sind gerade mal 90 Sekunden vergangen.

Ende Mai darf dieser Rausch dann auch hierzulande etwas länger dauern: Blackpink geben in Berlin ihr erstes Deutschlandkonzert.

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