Jazz:Fernhören

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Warum viele Münchner zum Festival nach Südtirol reisen

Von Oliver Hochkeppel, Bozen

Eine wachsende Schar von Jazzfans aus Bayern und anderen Bundesländern plant mittlerweile einen Trip nach Südtirol Ende Juni, Anfang Juli fest ein: Das Südtirol Jazzfestival ist ihr Liebling geworden. Das hat mehrere Gründe. Der vielleicht offensichtlichste ist der Zauber seiner außergewöhnlichen, über die ganze Region verteilten Spielorte. Konzertiert wird in der römischen Ruine ebenso wie im ultramodernen Techpark, auf den großen Stadtplätzen wie auf Berghütten; heuer kommen besonders viele neue dazu, unter anderem das Innovations-und Gründerzentrum Basis in Schlanders, die Burg Hocheppan, das Alperia-Wasserkraftwerk in Brixen, der Ost West Country Club im Meraner Marconipark oder das neue Gebäude der Kellerei Bozen. Meist geht es nachts noch zum Abschlusskonzert in den Brauereikeller des Bozener Batznhäusls, das die heimliche Zentrale des Festivals ist.

Wichtiger noch dürfte aber sein, dass der Bozener Arzt Klaus Widmann das Festival in den 15 Jahren seiner Intendanz vom konventionellen Abspiel-Event für prominente, am liebsten amerikanische Jazzer radikal in einen vorwiegend europäischen Abenteuerspielplatz für Entdecker und Neugierige (auf Seiten der Musiker wie der Hörer) transformiert hat. Inzwischen verzichtet er völlig auf Zugpferde und setzt dafür auf spannende neue, junge Musiker und Bands, von denen es ja so viele gibt wie nie zuvor. Selbst Jazz-Fachleute finden im Programm stets etliche Konzerte mit Interpreten, die sie noch nicht kennen. Seit einigen Jahren werden außerdem regionale Schwerpunkte gesetzt. Nachdem im vergangenen Jahr Skandinavien im Mittelpunkt stand, kommt heuer die iberische Halbinsel an die Reihe. Die Rolle des artist in residence übernimmt dabei der katalanische Pianist Marco Mezquida. Er wird auch die gut 14-köpfige "Iberian Connection" leiten, die das Festival am 28. Juni im Bozener Waltherhaus eröffnet. Viele exzellente Musiker von der iberischen Halbinsel sind danach zu entdecken, vom Saxofonisten João Mortágua, dem Gitarristen Javier Subatin, der Trompeterin Susana Santos Silva oder der Sängerin Beatriz Nunes - alle aus Portugal - bis zu Vertretern der jungen spanischen Szene wie dem Saxofonisten Albert Cirera, dem Gitarristen Juan Gómez "Chicuelo", dem Keyboarder Xan Campos oder der Sängerin Magalí Sare.

Außerdem treten bei den 62 Konzerten - 35 davon in Bozen und Umgebung - Musiker an, die bei früheren Länderschwerpunkten besonders überzeugt haben: Festival-Lieblinge wie der belgische Gitarrist Reinier Baas, der niederländische Saxofonist Joris Roelofs, die französische Sängerin Leïla Martial oder das Ein-Mann-Orchester Lukas König aus Wien. Außerdem hat der begnadete Netzwerker Klaus Widmann im Laufe der Jahre diverse europäische Partnerschaften geschmiedet, auch mit den Münchner Institutionen Musikhochschule, Kulturreferat und Jazzclub Unterfahrt. So sind auch stets hiesige Jazzer in Südtirol zu Gast, heuer zum Beispiel am Abschlusstag, dem 7. Juli, die Frauenband SieA. Alles in allem erfüllt das Jazzfestival Südtirol sein Motto perfekt: Neues Hören - mit Fernsicht.

Südtirol Jazzfestival 2019 , Freitag, 28. Juni, bis 7. Juli, www.suedtiroljazzfestival.com

© SZ vom 26.06.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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