"Hotel Transsilvanien" im Kino:Daddy Dracula

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Monster und Menschen sind sich in ihren Ängsten sehr ähnlich. Diese Erkenntnis aus dem Animationserfolg "Monster AG" gilt auch im aktuellen Kino-Abenteuer "Hotel Transsilvanien": Daddy Dracula ist stinksauer, als das Töchterchen sich in einen verirrten Backpack-Hipster verknallt.

David Steinitz

Graf Dracula mit seiner Tochter Mavis als Fledermaus in einer Szene von "Hotel Transsilvanien" (Foto: dpa)

Mit einem romantischen Sonnenaufgang kriegt man die Mädchen auch in Transsilvanien rum - nur muss man bei einem Vampir-Girl naturgemäß etwas vorsichtig sein. Also versteckt sich Jonathan mit seiner Mavis im Schatten eines Fenstervorsprungs auf dem Dach des väterlichen Schlosses, wo sie die Sonne über den Bergen emporsteigen sehen. . . Das Schloss ist von Graf Dracula persönlich (im Original von Adam Sandler, bei uns von Rick Kavanian gesprochen) zum Hotel umgebaut worden, in dem gestresste Monster Zuflucht vor einer hässlichen und bösartigen Spezies finden: den Menschen. Daddy Dracula ist stinksauer, als er feststellt, dass sein Töchterchen sich in einen menschlichen Backpack-Hipster verknallt, der sich in die transsilvanische Peripherie verirrte.

"Hotel Transsilvanien" ist der erste Kinospielfilm des Russen Genndy Tartakovsky, der in Hollywood als großes Animations-Talent gehandelt wird - George Lucas betraute ihn mit der Konzeption seines Star-Wars-Trickablegers "Clone Wars". Für die Animationsstudios von Sony, die seit Jahren zu den erfolgreichen Konkurrenten von Disney/Pixar und Fox aufzuschließen versuchen, hat er nun diese Monster-Comedy am Computer entstehen lassen. In der Originalfassung sind mit Kevin James, Steve Buscemi, David Spade und Andy Samberg große Teile der Adam-Sandler-Clique versammelt, die hier Mumie, Werwolf, Frankenstein und Co. ihre Stimmen leihen (deutsch neben Rick Kavanian: Elyas M'Barek und Josefine Preuß).

Tartakovsky wollte den gnadenlosen physischen Slapstick der Buddy-Truppe in eine animierte Welt übersetzen, was ihn in der ersten Hälfte zu einem sehr überdrehten Monstertohuwabohu trieb, das an die unaufgeregte Eleganz des Pixar-Storytelling nicht heranreicht. Dort hat man mit der "Monster AG", deren zweiter Teil nächstes Jahr ins Kino kommt, schon gezeigt, dass Monster und Menschen in ihren Ängsten sich eigentlich recht ähnlich sind.

Auch "Hotel Transsilvanien" rekurriert auf diese Moral, nachdem der Film sich in der zweiten Hälfte auf das infernalische Duo Dracula und Jonathan konzentriert, die sich im Kampf um Mavis aneinander abarbeiten. Der Dracula-Daddy ist eine durchgedrehte, also ziemlich realistische Fallstudie, die Sandler - der auch Koproduzent war - kräftig mitgestaltet hat. Während das Animationskino sich letztlich der immer authentischeren Darstellung per PC verschrieben hat, von Dimensionen und Emotionen, tendiert Tartakovsky voll zum Hyperbolischen - besonders beim eifersüchtig grimassierenden Grafen. Rund um seine Tochter baut er die schönsten potemkinschen Dörfer in die transsilvanische Landschaft.

Hotel Transylvania, USA 2012 - Regie: Genndy Tartakovsky. Buch: Peter Baynham, Robert Smigel. Figurendesign: Carter Goodrich, Carlos Grangel, Craig Kellman. Sony, 91 Minuten.

© SZ vom 29.10.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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