"There ain't nothin' here for free", sang einst Randy Newman über Baltimore: Hier gibt es nichts umsonst. Darum ist die Johns Hopkins University, eine angesehene private Universität in der amerikanischen Ostküstenstadt, auf ihr Stiftungskapital, auf Studiengebühren und mäzenatische Spenden angewiesen. Eine spektakuläre solche hat ihr jetzt Bill Miller, ein prominenter Wall-Street-Investor, zugesagt: Er schenkt dem Philosophie-Department von Johns Hopkins 75 Millionen US-Dollar, das sind etwa 61,5 Millionen Euro.
Das ist, soweit man weiß, die höchste Spende, die je ein philosophisches Institut erhalten hat. Mit dem Geld sollen unter anderem neun neue Professuren eingerichtet werden, womit das Fach 22 Vollzeitstellen hätte. Zum Vergleich: Die recht stark ausgebaute Philosophie in Frankfurt am Main hat zehn, die in Heidelberg hat vier Lehrstühle. Das Institut in Baltimore wird fortan "William H. Miller Department of Philosophy" heißen.
Der Stifter wurde als Finanzgenie berühmt - und führt seinen Erfolg aufs Philosophiestudium zurück
Der 67-jährige Stifter Bill Miller wurde in der Finanzwelt berühmt, weil er mit seinen Erträgen als Fondsmanager fünfzehn Jahre hintereinander den Aktienindex Standard & Poor's 500 überholte, bis er allerdings 2008 beim Börsencrash 55 Prozent verlor. In der verfilmten Finanzkrisen-Story "The Big Short" von Michael Lewis tritt Miller als Sturkopf auf, der mit seinem Glauben an die Investmentbanken auf die Nase fällt. Allerdings ist Miller seitdem wieder auf der Gewinnerstraße, er hat rechtzeitig in Bitcoin investiert und glaubte früh an den Erfolg von Amazon. In den Siebzigerjahren hat er an dem Institut, dem er sich jetzt dankbar zeigt, einen Promotionsstudiengang belegt, allerdings ohne seine Doktorarbeit fertig zu schreiben.
Die amerikanischen Geisteswissenschaften, sonst von Effizienzdruck und Donald Trumps Missachtung gebeutelt, frohlocken nun über die Zuwendung. Allerdings könnte sie die üppige Spende auch gleich wieder in die Falle des Nützlichkeitsdenkens bringen, denn Bill Miller erklärte: "Ich schreibe viel von meinem wirtschaftlichen Erfolg der analytischen Schulung und den Denkgewohnheiten zu, die sich entwickelten, als ich an der Johns Hopkins studierte." Nun könnten sich Scharen von jungen Leuten in Baltimore über Aristoteles, Hegel und Wittgenstein beugen - in der Hoffnung, sowohl klug als auch sehr reich zu werden.