Garnisonkirche Potsdam:Teurer Turm

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Es war einmal: Die Garnisonkirche wurde 1730 gebaut und war lange das höchste Gebäude Potsdams. 1945 brannte sie nach einem Luftangriff aus, 1968 wurde die Ruine gesprengt. (Foto: imago/Arkivi)

Am Wiederaufbau der Garnisonkirche Potsdam gibt es viel Kritik. Nun auch besonders scharf vom Bundesrechnungshof.

Von Jörg Häntzschel

Monika Grütters dürfte erleichtert gewesen sein. Erst jetzt, zwei Monate nach dem Ende ihrer Amtszeit als Kulturstaatsministerin, hat der Bundesrechnungshof einen Bericht zum Wiederaufbau der Potsdamer Garnisonkirche veröffentlicht, der ihr viele unangenehme Anfragen beschert hätte. Das Kulturstaatsministerium (BKM), so heißt es darin, habe der Stiftung Garnisonkirche ohne ausreichende Prüfung Gelder überwiesen, habe sich etlicher Fehlkalkulationen schuldig gemacht und sehenden Auges in Kauf genommen, dass der Bund am Ende möglicherweise viele Millionen zusätzlich für ein höchst umstrittenes Bauwerk zahlen wird, das ursprünglich zu 100 Prozent mit Spendengeldern finanziert werden sollte. Die Initiative "Lernort Garnisonkirche", in der sich die Kritiker des Projekts zusammengeschlossen haben, sprechen von "Betrug" und von einer "Komplizenschaft zwischen Stiftung und Kulturstaatsministerium".

Die Garnisonkirche wurde 1730 gebaut und war lange das höchste Gebäude Potsdams. 1945 brannte sie nach einem Luftangriff aus, 1968 wurde die Ruine gesprengt. Schon vor dem Mauerfall forderten westdeutsche Aktivisten ihren Wiederaufbau. Später schlossen sich Politiker wie Wolfgang Schäuble und Matthias Platzeck und Kirchenleute wie der ehemalige Bischof Wolfgang Huber an. 2013 verlieh das BKM dem Gebäude das Prädikat des "national bedeutenden Kulturdenkmals". 2017 begann unter der Schirmherrschaft von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier der Bau des Turms. Doch wie beim Humboldt-Forum regte sich auch hier heftige Kritik: an der kaum verhohlenen Preußen-Nostalgie unter den Freunden des Wiederaufbaus und an den enormen Kosten, die das Liebhaberprojekt verschlinge, während in Brandenburg die Dorfkirchen verfallen.

Der Turmbau zu Potsdam: Der Rechnungshof verlangt, dass vorläufig nur die "Grundvariante" des Kirchturms fertiggestellt werden soll, das nackte Bauwerk also. (Foto: Soeren Stache/dpa)

Auch die Spenden flossen spärlicher, als erwartet, während die Schätzungen für das Vorhaben stetig nach oben kletterten. Ende Januar haben die Potsdamer Stadtverordneten daher beschlossen, was ohnehin unumgänglich war: Statt der ganzen Kirche wird nur der Turm wiederaufgebaut. Anstelle des Schiffs soll ein "Haus der Demokratie" mit einem neuen Plenarsaal für die Stadtverordneten entstehen. Ohnehin ist die Rekonstruktionseuphorie bei vielen weitgehend verflogen. Statt Originaltreue werden in den Debatten um die Zukunft des Projekts jetzt jedenfalls immer öfter sichtbare "Brüche" eingefordert.

Der Turmbau soll Schätzungen zufolge 45 Millionen Euro kosten, 20 Millionen kamen bereits vom Bund

Doch auch die Finanzierung des längst im Bau befindlichen Turms, der nach neueren Schätzungen 45 Millionen Euro kosten wird, ist nicht gesichert. Der Rechnungshof kritisiert nun unter anderem, dass der Bund, der bereits 20 Millionen Euro gezahlt hat, zuvor nicht ausreichend geprüft habe, ob die Stiftung in der Lage sei, ihren Anteil aufzubringen. Die Gefahr sei groß, dass der Bund weiter Geld zuschießen müsse, um zu verhindern, dass die Garnisonkirche als "Förderruine" ende. Die Kritiker von "Lernort Garnisonkirche" weisen zudem darauf hin, dass in den Kalkulationen keine ausreichenden Mittel für Unterhalt und Betrieb des Turms vorgesehen seien, der 2023 fertig sein soll. Schon jetzt würden die Personalkosten der Stiftung mit Mitteln finanziert, die eigentlich für den Bau gebraucht würden. Die Stiftung ließ Fragen der SZ dazu unbeantwortet.

Der Rechnungshof verlangt nun in seinem scharf formulierten Bericht, dass vorläufig nur die "Grundvariante" des Kirchturms fertiggestellt werden soll, das nackte Bauwerk also, ohne Haube, Glockenspiel und Bauschmuck. Damit jedoch dürfte für viele Unterstützer des Wiederaufbaus das ganze Projekt seinen Sinn verloren haben. Kulturstaatsministerin Claudia Roth prüft indes, ob sie die 4,5 Millionen Euro, die ihre Vorgängerin Monika Grütters am Ende ihrer Amtszeit noch für "kurzfristig entstandene Mehrkosten" bewilligt hatte, tatsächlich auszahlen wird.

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