"Fuck for Forest"-Regisseur Michal Marczak:Gruppensex für einen guten Zweck

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Regisseur Michal Marczak: "Es gibt Menschen, für die es selbstverständlich ist, nicht nur auf einen Partner fixiert zu sein." (Foto: Neue Visionen)

Seine Doku "Fuck for Forest" porträtiert eine Berliner Initiative, die mit Pornografie Geld für Umweltprojekte sammelt. Er selbst sei ganz normal monogam, sagt Regisseur Michal Marczak. Ein Gespräch über das Absurde, naive Weltverbesserer und die "Blut-und-Sperma-Szene".

Von Susanne Hermanski

Die Idee ist unkonventionell: Eine Schar junger Leute aus Nordeuropa vögelt sich für einen guten Zweck durch die Botanik. In der Initiative "Fuck for Forest" dokumentieren sie ihren Pärchen- und Gruppensex mit der Kamera, stellen die Bilder - gegen Spenden abrufbar - ins Internet. Mit dem Geld wollen sie den Regenwald retten. Na ja, wenigstens ein Stückchen davon. Der polnische Regisseur Michal Marczak hat diese Umweltschutzorganisation der etwas anderen Art begleitet.

SZ.de: Wie sind Sie auf die Gruppe aufmerksam geworden?

Als Filmemacher halte ich immer Ausschau nach dem Absurden und Ungewöhnlichen. Irgendwann bin ich im Netz auf sie gestoßen, habe erste Aufnahmen von ihnen gemacht und gesagt: Ich will sehen, ob ich das Produktionsgeld für den Film zusammenbekomme.

Das Thema verlangt eine gewisse Offenheit. Kommen Sie selbst aus einer liberalen Familie?

Ich stamme aus einer absoluten Durchschnittsfamilie. Na ja, meine Mutter, mein Großvater, mein Onkel waren alle Gynäkologen. Verklemmt sind wir daheim nicht gewesen, aber auch keine Blumenkinder. Ich selbst bin ganz der monogame Typ.

Wie viel Hippietum steckt in "Fuck for Forest"?

Viel. Sie glauben, die Realität durchs Liebemachen verändern zu können und schaffen sich eine eigene, märchenhafte Welt. Das wirkt schon ein bisschen naiv und anachronistisch. Dafür nützen sie modernste Technologien für ihre Botschaft.

Die Protagonisten wirken wie aus dem Nest gefallende Vögel, die versuchen, ins Paradies zurückzuklettern. Ein bisschen Melancholie schwingt da mit. Aber gibt es wirklich keine Eifersucht oder Aggression in der Gruppe?

Das ist schön gesagt. Jeder der vier, die den harten Kern ausmachen, ist eine sehr individuelle Persönlichkeit. Natürlich streiten sie auch mal, aber es gibt Menschen, für die es selbstverständlich ist, nicht nur auf einen Partner fixiert zu sein.

Sie wollten nie der Gruppe beitreten?

Nein. Aber als ich jünger war, war ich eine Art Punk, und da hat es mir auch gut gefallen, mich von der Gesellschaft abzusetzen.

Viele Kinogänger erwarten in Ihrem Film sicher ebenfalls Pornografisches. Haben Sie sich Gedanken über den voyeuristischen Aspekt gemacht?

Nie darüber, dass ich zu viel Sexualität zeigen könnte. Andererseits hasse ich Musicals. Ich habe nie verstanden, warum da Menschen plötzlich stehen bleiben, singen, tanzen und so die Story unterbrechen. Porno ohne Weiterentwicklung der Charaktere wollte ich also nicht. Aber manchmal war er nötig. Wie in der Blut-und-Sperma-Szene. Sie erklärt die gesamte Philosophie von Fuck For Forest mit deren Bezug zur Natur und dem Erdverbundenen.

Obwohl es genug kostenlose Pornografie im Netz gibt, hat die Initiative erstaunlich viel Geld gesammelt. Gibt es jemanden, der das Geld zusammenhält?

Sie selbst - ohne graue Eminenz im Hintergrund. Angeblich haben sie schon 300.000 Euro an Amazonas-Projekte gegeben. Und ich hatte nie den Eindruck, dass sie für sich selbst etwas abzwackten. Ich hoffe, ihre Energie reicht noch lang, denn so ohne Sorge durchs Leben zu kommen, kostet Kraft.

"Fuck for Forest" läuft an diesem Donnerstag in den deutschen Kinos an (mehr dazu hier).

© SZ vom 13.06.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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