Fotografie: Malls in Dubai:Die Leere im Herzen

Den großen Prunk des merkwürdigen Emirats sieht man nicht im Fotoband "iDubai". Stattdessen erlebt man eine Gesellschaft, die gefangen ist in Orten aus Hongkong-Spielzeug, Ikea-Regalen und Cartier-Uhren.

Petra Steinberger

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(Foto: Steidl Verlag)

Den großen Prunk des merkwürdigen Emirats sieht man nicht im Fotoband "iDubai". Stattdessen erlebt man eine Gesellschaft, die gefangen ist in Orten aus Hongkong-Spielzeug, Ikea-Regalen und Cartier-Uhren. Es gab einmal ein Land, das war voll gleißenden Lichts, voll Hitze und Staub. Es war leer, auf der einen Seite war die Wüste, auf der anderen lag das Meer. Es war karg, und streng und gottesfürchtig waren auch die Menschen, die dort als Fischen und Perlentaucher lebten. Dann wurde dieses Land plötzlich sehr reich. Und seine Herrscher ...  Alle Abbildungen aus: iDubai, Joel Sternfeld, Steidl, Göttingen 2010, 160 Seiten, 28 Euro.

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(Foto: Steidl Verlag)

... beschlossen, ihr Emirat am Persischen Golf in einen Ort des Konsums und der Kultur zu verwandeln. Sie bauten Einkaufszentren, Hotelpaläste, einen Schneeberg zum Skilaufen und schlossen das Licht und die Hitze und den Staub einfach aus. Das Emirat bekam Museen und Galerien, das höchste Gebäude der Welt und eine künstliche Insel in Form einer Palme. Bis zur Weltwirtschaftskrise boomte Dubai. Wie es weitergeht, wird man noch sehen.

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(Foto: Steidl Verlag)

Aber all die spektakulären Bauten, den großen Prunk sieht man nicht im kleinen, feinen Fotoband "iDubai" des amerikanischen Fotografen Joel Sternfeld. Es gibt darin keinen Blick von außen auf dieses merkwürdige Emirat. Stattdessen erlebt man eine Gesellschaft, die gefangen ist in einer künstlichen Innenlandschaft, in Orten aus Hongkong-Spielzeug, Ikea-Regalen, Cartier-Uhren und Hollywood-Blockbuster-Werbung.

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(Foto: Steidl Verlag)

Verschleierte Frauen shoppen einsam neben Snowboardern, die gekleidet sind, als seien sie Kalifornier, die aber so gar nichts Kalifornisches ausstrahlen. Alles ist einen Tick zu grell, zu perfekt, die Bewohner dieser Welt wirken auf Sternbergs Bildern vor allem verloren. Als ob die Wüste sich ins Paradies geschlichen hätte. Diese Welt entstammt dem Barock, Vergänglichkeit und Tod lauern hinter dem glitzernden Prunk.

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(Foto: Steidl Verlag)

Sternberg hat in seinen früheren Arbeiten häufig dokumentiert, welche Formen des Zusammenlebens sich Menschen aussuchen. In "Sweet Earth" hat er experimentelle und Aussteigerkommunen in Amerika besucht, in "When It Changed" porträtierte er Hoffnung und Verzweiflung von Teilnehmern der Klimakonferenz in Montreal. Nun, in Dubai, dokumentiert er die Verweigerung einer ganzen Gesellschaft, sich mit der feindlichen Umwelt außerhalb ihrer Taucherglocke überhaupt noch auseinanderzusetzen.

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(Foto: Steidl Verlag)

Dass er seine Bilder mit dem iPhone gemacht hat, wie im Vorübergehen, verstärkt den endlos vorläufigen Charakter dieser Shopping-Welt, die nichts Neues mehr zulässt, in der nichts passiert, in der alles sicher ist und überwacht, und in der deshalb alles tausendmal gesehen, tausendmal gesagt worden ist. Die Leere auf den Gesichtern entstammt letztendlich einer lebensmüden Langeweile.

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(Foto: Joel Sternfeld)

Nur auf wenigen Bildern ist das Draußen noch erkennbar - als Kulisse, die eifrige Geschäftsleute nicht einmal wahrnehmen, als fahles Stück Himmel, als vermüllte Wüste, die Investoren in eine exklusive "Green Community" verwandeln wollen. Da sieht man sie, die unterste Schicht der ausländischen Arbeitssklaven, die eine Utopie in den Sand bauen, zu der sie später keinen Zutritt mehr haben. Aber sie sehen wenigstens die Sonne.

© SZ vom 23.8.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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