Erica Jong - Breaking the Wall
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Annett Scheffel: Die Schriftstellerin Erica Jong nannte in den Siebzigern beim Namen, was viele Frauen fühlten. Ihr autobiografischer Bestseller "Angst vorm Fliegen" erzählt von weiblicher Lust, Scham und der Sehnsucht nach sexueller Selbstbefreiung. Kaspar Kasics dokumentarisches Biopic speist sich vor allem aus intensiven Dialogen mit der heute 80-Jährigen, mit Familienmitgliedern und vergangenen Gesprächspartnern, die in alten Talkshow-Auftritten lebendig werden. Wie blickt eine Feministin der zweiten Welle auf ihr Leben und den Wandel der Zeit zurück? Unterhaltsames, anekdotenreiches Porträt einer Vordenkerin mit Charisma und Widersprüchen.
Lars Eidinger - Sein oder nicht sein
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Christine Dössel: Lars Eidinger in der Rolle seines Lebens: als Lars Eidinger, the one and only. Der Dokumentarfilmer Reiner Holzemer hat den Berliner Intensiv- und Exzessivschauspieler neun Monate lang begleitet, war bei den Proben zum Salzburger "Jedermann" 2021 dabei, fragt Kolleginnen und Wegbegleiter, zeigt den Empfindsamen bei Tränen-, Gefühls- und Schimpfausbrüchen und lässt ihn vor allem selber sprechen. Ein Porträt für Fans ebenso wie für Feinde.
Liebe Angst
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Anna Steinbauer: Lore finde ihr Leben lang keine Worte für den Schrecken der Vergangenheit, die familiäre Tragödie, die auf ihr lastet, das eigene Befinden. Als jüdisches Kind wurde sie versteckt und entkam der Deportation durch die Nazis, jetzt schreibt sie tagein, tagaus Zeitungsartikel auf Karteikarten ab. Lores Sohn Tom nahm sich das Leben, und ihre Tochter Kim möchte jetzt Antworten. Sanda Prechtel zeigt in ihrem eindringlichen Dokumentarfilm, wie Traumata über Generationen weitergegeben werden, sich in die Körper und Seelen nachgeborener Familienmitglieder einschreiben und deren Leben bestimmen. Das ist wahnsinnig aufreibend, und vieles bleibt quälend ungeklärt, doch "Liebe Angst" macht das zu seinem Prinzip, berührt schmerzhafte Leerstellen und wird so zum Versuch zwischen Mutter und Tochter, über das Unfassbare zu sprechen.
Seneca
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Susan Vahabzadeh: Robert Schwentke macht sich auf die Suche nach den Parallelen zwischen dem Zustand Amerikas und dem Untergang des römischen Imperiums: Der Philosoph und Politiker Seneca wieselt sich durch Neros Amtszeit, immer gut darin, Bescheidenheit und Stoizismus zu predigen, dabei aber schön den eigenen Reichtum zu mehren. Er weiß, dass Nero gefährlich ist - nur will er nicht handeln, solange er nicht selbst zum Ziel des kaiserlichen Wahns wird. John Malkovich spielt Seneca großartig und untermalt seine Weisheiten auch mal mit Rapper-Gesten. Im letzten Drittel verliert dieses historische Experiment vor Wüstenkulisse aber doch sein Ziel aus den Augen.
Sick of Myself
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Sofia Glasl: Aufmerksamkeit und Reichweite sind Trumpf für die Kellnerin Signe, im Eifer um Bestätigung bricht sie alle Regeln des guten Geschmacks. Mithilfe illegaler Medikamente aus Russland legt sie sich eine aufsehenerregende, weil unappetitliche Hautkrankheit zu, deren Unerklärlichkeit sie auf die Titelseiten der Klatschmagazine bringt. "Sick of Myself" hat der norwegische Filmemacher Kristoffer Borgli seine Satire passenderweise genannt und entfacht darin einen Sturm aus körperlichem wie seelischem Ekel. Dennoch übt der Film einen merkwürdigen Sog aus: Bei aller slapstickhaften Übertreibung bleibt insgeheim das Gefühl, dass dieser Narzissmus auch mit einem selbst etwas zu tun haben könnte.
Tagebuch einer Pariser Affäre
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Susan Vahabzadeh: Charlotte (Sandrine Kiberlain) und Simon (Vincent Macaigne) finden sich sehr modern und emotional aufgeräumt - sie beginnen eine Affäre, die beide nur bereichern soll, ohne Schaden für seine Ehe oder ihren Freiheitsdrang. Das geht selbstverständlich schief, weil Gefühle sich nicht aufräumen lassen. Emmanuel Mouret hat diese kleine Philosophie des Begehrens wunderbar geschrieben und inszeniert. Hier wird viel gequasselt, und manchmal ist das sehr komisch, gelegentlich einfach wahr: Wenn man traurig ist, hört man am besten traurige Musik, weil man dann wieder weiß, wie schön Traurigsein ist.
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Jörg Häntzschel: Das Sujet ist denkbar schwierig: der lange verdrängte deutsche Genozid an den Nama und Herero. Bis zu 70 000 Menschen sind gestorben, als deutsche Soldaten sie in die Wüste jagten. Doch Lars Kraume erzählt nicht ihre Geschichte, sondern die des jungen Ethnologen Alexander Hoffmann, der für seinen Professor die Schädel der Toten einsammeln soll. Dass der Film als mutiger Beitrag zur Aufarbeitung der Kolonialzeit gehandelt wird, ist nicht nachvollziehbar.