Bayern - sagenhaft
Würden der Heimatminister und die Wirtschaftsministerin Bayerns mit dem Brauer- und dem Trachtenverband einen Film fabrizieren, käme genau das heraus, was Joseph Vilsmaier ganz allein produziert hat: Werbung für ein Paradies. Er feiert Fasching und Fronleichnam, BMW und MAN, Napoleon und Strauß. Die Gaudikanone Monika Gruber assistiert ihm. Ein Image-Film von Bayern für Bayern, Selbstbeschau mit Scheuklappen. Eigenverherrlichung für alle, die's brauchen.
Django - Ein Leben für die Musik
Indem sich Étienne Comar in seinem tollen Film über Django Reinhardt, hervorragend gespielt von Reda Kateb, auf Reinhardts Leben während der Okkupation Frankreichs konzentriert, rückt er ihn in ein gegenwärtiges Licht. Das Musikgenie ist ein Flüchtling, ein Angehöriger der Sinti auf der Flucht vor den Nazis. Seine Musik exponiert ihn dabei ebenso der Gefahr wie sie ihn vor ihr schützt.
Fack Ju Göhte 3
Die Goethe-Statue auf dem Schulhof hat den Kopf von Che Guevara, der war 2000 Euro billiger. Darunter, im Torso von "Fack ju Göhte 3", versteckt Bora Dagtekin diesmal aber eine große Portion echter Bildungsideale. Es wird nämlich ernst: Die Knalltüten sollen das Abi schaffen. Schützenhilfe bekommt Elyas M'Barek als biersaufender Oberlehrer Deutschlands diesmal von Sandra Hüller, die herrlich Grimassen schneidet und ein bisschen ironische Distanz mitbringt. Gewohnt verstrahlt, aber in seiner Harmlosigkeit charmant.
God's Own Country
Auf einer Schafsfarm im leeren Norden von England lebt ein junger Mann, der alle Arbeit allein bewältigt. Sein Alltag ist Verbitterung und Härte, seine Abwechslung verstohlener Sex auf Viehauktionen. Bis ein rumänischer Saisonarbeiter kommt und ihn lehrt, dass man auch sprechen oder küssen kann. Francis Lee zeigt die Zähmung eines Außenseiters in einer kühlen, beglückenden Liebesgeschichte mit ebensolchen Bildern.
Der kleine Vampir
Es ist das Zeitalter der Reboots. Man kann berechtigte Zweifel daran haben, ob es die beste Idee ist, aus der von vielen heiß geliebten "Der kleine Vampir"-Serie einen Zeichentrickfilm zu machen. Nach kurzer Eingewöhnung ist Richard Claus' und Karsten Kiilerichs Fassung des vertrauten Stoffes aber so unterhaltsam, liebenswert und leichtfüßig, dass man glatt das Meckern vergisst - schließlich gibt es sogar eine Vampirkuh. Was will man mehr?
Maudie
Sie malt Blumen, Vögel, Bäume, anfangs auf die Fenster und Türen ihres Hauses, später auf Holztafeln, die sie für fünf Dollar pro Stück verkauft. Sally Hawkins spielt die kanadische Künstlerin Maud Lewis, die an schwerer Arthritis litt, von ihrer Familie abgeschoben wurde und an einen echten Grobian (Ethan Hawke) geriet. Aisling Walsh erzählt ihre Geschichte vielleicht ein bisschen zu rührselig, aber mit großer Sympathie für die Figuren. Und Hawkins ist einfach hervorragend.
Sommerhäuser
Ein riesiger Garten außerhalb von München im Jahr 1976. Drei Generationen einer Familie machen hier Sommerurlaub, aber so harmonisch wie das klingt, ist es nicht. Über dem Idyll schwebt ein Gefühl der Bedrohung, das nicht nur von verborgenen Wespennestern herrührt und auch nicht allein von den Zeitungsartikeln über ein in der nahen Stadt entführtes Mädchen. Regisseurin Sonja Maria Kröner folgt Kindern und Erwachsenen durch das stachelige Gebüsch des Lebens.
Thor 3: Tag der Entscheidung
Ein versponnener Indie-Regisseur aus Neuseeland darf sich am Multi-Millionen-Dollar-Franchise versuchen. Klingt gewagt, erweist sich aber als ausgesprochen stimmig. Denn Comic-Helden wie Thor, Loki, Hulk oder das Steinmonster Korg (von Regisseur Taika Waititi selbst verkörpert) sind auch nur ein Haufen Nerds, die sich nach Freundschaft und Familie sehnen. Hinter Actionabenteuern in knallbunten Welten zählt vor allem der verbale und physische Schlagabtausch, mit dem lässige Schauspieler wie Tom Hiddleston, Chris Hemsworth, Mark Ruffalo und Cate Blanchett einen Heidenspaß haben. (Start: 31.10.).
Die Unsichtbaren - Wir wollen leben
"Unsichtbar" wurden vier jüdische Jugendliche aus Berlin, die während des "Dritten Reichs" untertauchten und so dem Holocaust entgingen. Getarnt als Kriegerwitwe oder versteckt in Kammern und Kleiderschränken. Claus Räfle spricht mit den Überlebenden und illustriert ihre Erinnerungen in einem spannenden Dokudrama. Es erhellt ein eher unbekanntes Kapitel Geschichte in versöhnlicher Absicht. Mit den "Unsichtbaren" sind auch die Deutschen gemeint, die ihren jüdischen Mitbürgern halfen zu überleben.
Untitled
Der schönste Film ist der, der nie zur Ruhe kommt. Scorsese hat nach dieser Parole gedreht oder Wim Wenders. Und Michael Glawogger. "Untitled" sollte an den Ursprung des Kinos zurückkehren, zu den Brüdern Lumière, die ihre Kameraleute in alle Welt schickten als Bilderfinder. Im Dezember 2013 brach Glawogger auf zu einer Fahrt rund um die Welt, ohne Thema, nur filmen, was ihm begegnet. Er kam durch den Balkan, Italien, Nord- und Westafrika. Im April 2014 starb er in Liberia an Malaria. Seine Lebensgefährtin hat das Material, seinen vier Monaten unterwegs, gesichtet und montiert zu einer unaufhörlichen magischen Bewegung: Kids, die eine Müllhalde durchstöbern, eine Kamelherde, die handyerleuchtete Nacht einer afrikanischen Stadt, Vater und Sohn, wie sie durch einen unfertigen Rohbau wandern - eine Zeit, in der man sich nicht mehr einrichten kann.