Jugendbuch:Die Seele ausgesaugt

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(Foto: N/A)

Ein Mädchen flieht vor dem Mobbing nach Kanada

Von Verena Hoenig

Eine Kurzschlusshandlung? Nein, nichts weniger als der Versuch zu überleben: Peyton schmeißt die Schule und bucht mit der Kreditkarte ihres Vaters einen Flug von England nach Vancouver. Die Siebzehnjährige will auf eigene Faust quer durch Kanada reisen, dabei ihr altes Leben hinter sich lassen und die werden, die "ich schon immer hätte sein sollen".

"Die beste Zeit ist am Ende der Welt" ist ein aufwühlender Roman über die Auswirkungen von jahrelangem Mobbing und über das verzweifelte Bestreben, erlittene Verletzungen zu überstehen. Der Leser begleitet Peyton durch Kanada, das gigantisch große Land mit seinen grandiosen Naturlandschaften, den Trails und Wasserfällen. "Keine Freunde zu haben, fühlt sich an, als würde einem die Seele ausgesaugt." Kaum der Grundschule entwachsen, wurde Peyton permanent "gehänselt, ausgelacht, ignoriert" - kurz: gemobbt. "Ich wurde nicht gehasst, ich wurde gehetzt. Wie bei der Fuchsjagd." Warum aber wurde das Mädchen derart erbarmungslos ausgegrenzt? Stotterte es, war es hässlich, dumm oder aufdringlich? Nichts davon. Peyton hatte sich ein- oder zweimal in eine peinliche Situation manövriert und ihr Vorname ist ungewöhnlich - beides kein Grund zur Schikane. Aber fatalerweise genug, um zum Freak abgestempelt zu werden.

Aus der Perspektive der Gegenwart mit vielen Rückblenden erzählt, ist "Die beste Zeit ist am Ende der Welt" ein brillant geschriebener Coming-of-Age-Roman.

Nach einem Schulwechsel will die Zwölftklässlerin endlich dazugehören, hält Menschen für Freunde, die keine sind, sie benutzen und in einer lebensbedrohlichen Lage im Stich lassen. Was damit zu tun hat, dass Peytons sogenannte Freunde regelmäßig Drogen konsumieren und das Mädchen es ihnen wider besseres Wissen nachmacht.

Jetzt steht Peyton ziemlich verloren in einem wildfremden Land, bereit für Abenteuer und Veränderungen. In ihrem Rucksack stecken Winterstiefel und ein Skizzenbuch, in dem die künstlerisch Talentierte unablässig ihre Erlebnisse und Erfahrungen festhält. Doch so einfach lässt sich ihr Plan, der ja in Wirklichkeit keiner ist, nicht in die Tat umsetzen. Zum Glück trifft sie im Hostel auf eine Gruppe von Backpackern, die Peytons Verlorenheit erkennen, sich um sie kümmern und ihr dadurch helfen, Schritt für Schritt ein fröhlicher, selbstbewusster Mensch zu werden.

Aus der Perspektive der Gegenwart mit vielen Rückblenden erzählt, ist "Die beste Zeit ist am Ende der Welt" ein brillant geschriebener Coming-of-Age-Roman. Er zeigt, dass es ein Fehler ist, Freundschaften um jeden Preis schließen zu wollen. Und wie der Verlust des Grundvertrauens durch Mobbing dazu führt, automatisch jeder freundlichen Geste zunächst zu misstrauen. Vor allem jedoch erfahren die Leser, dass Heilung selbst nach einer Vielzahl traumatischer Erfahrungen möglich ist. (ab 14 Jahre)

Sara Barnard: Die beste Zeit ist am Ende der Welt. Aus dem Englischen von Hanna Christine Fliedner. Aus dem Englischen von Hanna Christine Fliedner. Atrium Verlag, 2022. 397 Seiten, 19 Euro.

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