Christine Urspruch im Interview:1,32 Meter, die es in sich haben

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Auf der Bühne kann sie ihre Wirkung selbst steuern: die Schauspielerin Christine Urspruch. (Foto: picture alliance / dpa)

Der Tatort Münster hat Christine Urspruch bekannt gemacht. Doch die Schauspielerin will nicht nur auf ihre Größe reduziert werden.

Von Harald Hordych

Christine Urspruch freut sich auf das Gespräch, vor allem aber freut sie sich wohl darauf, an einem dieser letzten sonnigen Spätherbsttage noch einmal auf der Badeterrasse des Seehotels am Kaiserstrand in Lochau draußen sitzen zu können. Mit Blick auf den sich leicht im Wind kräuselnden Bodensee. Wangen im Allgäu liegt nur ein paar Kilometer entfernt, dort lebt sie gemeinsam mit ihrer elfjährigen Tochter. Sie liebt diesen See, der sich wie ein Meer ausbreiten kann, hier ist sie schon oft segeln gewesen und es entspricht ihrem positiven Naturell, dass sie an ihrer Körpergröße zu schätzen weiß, dass man beim Segeln viel leichter unter dem Mast durchtauchen kann.

Es gab eine Zeit, da kannten die meisten Menschen Christine Urspruch nur als ein Wesen mit orangefarbenen Haaren und schweinerüsselartig verbreiteter Nase, ein keckes Ding, das in einem blauen Taucheranzug steckte und wahrlich nicht besonders groß war. Aber darüber machte man sich als Zuschauer nicht allzuviel Gedanken, das war ja schließlich das Sams und dieses fabelhafte Sams war ja eine Erfindung des Schriftstellers Paul Maar und sollte etwas von einem einerseits aufmüpfigen, andererseits blitzgescheiten und warmherzigen Superkind an sich haben. Dass eine erwachsene Frau mit 1,32 Meter Körpergröße in dem wenig kleidsamen bizarren Latexanzug steckte, vergaß man schnell wieder. Das ist ja das Schicksal eines guten Schauspielers, dass er in seiner Rolle aufgeht und man vergisst, wer er eigentlich ist.

Christine Urspruch ist genervt, dass es immer um ihre Kleinwüchsigkeit gehen muss

Bei Christine Urspruch, mittlerweile 46 Jahre, gehört aber zu ihrem Schauspielerleben, dass ihre Körpergröße nicht einfach vergessen werden kann. Sie gilt als kleinwüchsig. Die Grenze für Menschen, die so bezeichnet werden, liegt bei Frauen bei 1,40 Meter. Wer neben Christine Urspruch steht, stellt das für einen Augenblick fest und vergisst es dann sofort wieder, denn die Frau, die es mittlerweile als Alberich im Münster- Tatort und als Dr. Klein in der gleichnamigen ZDF-Serie zu einiger Berühmtheit gebracht hat, tritt unbefangen und selbstbewusst auf. Ihre schöne Stimme spielt da eine Rolle, auch ihr Humor und ein schalkhaftes Lachen, die sich beide im Lauf des Gesprächs deutlich bemerkbar machen. Größenunterschiede nicht.

Auch wenn Christine Urspruch leicht genervt ist, dass ihre Kleinwüchsigkeit in jeder Talkshow, in die sie eingeladen wird, zum Thema gemacht wird, genau wie in diesem Gespräch mit der Süddeutschen Zeitung - sie weiß auch, dass es ihr Markenzeichen ist. So wie das von Peter Dinklage, dem wohl berühmtesten kleinwüchsigen Schauspielstar der Welt, der Mann, der in Game of Thrones den so trinkfreudigen wie klugen Tyrion Lannister spielt. Den findet sie wahnsinnig hübsch und empfindet so etwas wie Solidarität, wenn sie die Serie schaut. Dann stellt sie fest: "Den würde ich gern mal fragen, welche Steine ihm in den Weg gelegt wurden."

In der Schule hatte Urspruch ihren festen Freundeskreis, für den ihre Größe keine Rolle spielte. Schon bald stand fest, dass sie Schauspielerin werden wollte. Auf der Bühne konnte sie jemand anderer sein und andere Seiten ihrer Persönlichkeit zeigen. Sie konnte dort ihre Wirkung selbst steuern. Dass ihre erste Rolle in einem festen Engagement an einer großen Bühne, nämlich am Schauspiel Bonn, dann doch die eines Kindes in einem sozialkritischen Stück wurde, störte sie anfangs ein bisschen ("Ist das jetzt okay? Ich bin doch eine junge Frau!"). Aber es hinderte sie nicht, sich mit Schwung in die Arbeit zu stürzen.

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