"Unter der Brücke" - dieser Ausdruck impliziert Obdachlosigkeit, Armut, Ausgrenzung. In ihrer Fotoserie "Himmel aus Beton" versteht Gisela Erlacher diesen Begriff wörtlich - und gibt ihm doch eine weitere Bedeutung. Im Bild: Brücke in Chongqing im Südwesten Chinas
Rücken doch angesichts fortschreitender Urbanisierung und knapper werdenden Wohnraums zunehmend Orte in den Vordergrund, die zuvor leicht übersehen wurden. Orte, die als Wohn- und Lebensraum genutzt werden. In Erlachers Aufnahmen stehen diese Nicht-Orte im Fokus, die mal ganz konventionell, ... Im Bild: Bushaltestellen am Semmering in Niederösterreich
... mal ziemlich ungewöhnlich genutzt werden, wie dieser Klettergarten im Ötztal.
Erlacher war es wichtig, mit ihren Aufnahmen die Räume abzubilden, die unter den monströsen Betonkonstruktionen oft übersehen werden. Von denen man nicht erwarten würde, dass dort jemand wohnt. Im Bild: Wohnhäuser in Wolfsberg, Kärnten
Die gebürtige Österreicherin reiste nach Großbritannien, China und in die Niederlande. Auffallend ist, wie die Orte unter der Brücke alle auf ihre Weise ähnlich sind - und doch individuell. Im Bild: Brücke im Stadtbezirk Huangpu/Shanghai
Andere wirken in ihrem Grau-in-Grau fast surreal, wie dieser chinesische Wachmann in Yuzhong, der nicht nur mit seiner farblosen Uniform, sondern auch seiner unauffälligen Pose perfekt ins Bild passt.
Manche Brücken verblüffen und lenken dadurch fast vom Raum darunter ab, der vielleicht gar nicht so grau und trostlos wäre.
Andere Orte strotzen vor Tristesse, wie hier im Londoner Stadtteil Shepherd's Bush, wo Pferde zwischen Betonpfeilern und unter Autobahntrassen umherspringen statt im satten Grün englischer Weiden. Wie weit führt die Urbanisierung noch?
Immer wieder entdeckt Erlacher grüne Oasen der Großstadt, kleine lebendige Inseln, die in scharfem Kontrast zum Betondickicht darüber stehen. Und die zeigen, wie anpassungsfähig Menschen sind, wie hier in Shanghais Stadtviertel Huangpu.
Erlachers Prognose: Alles, was auf irgendeine Weise verwertet werden kann, wird genutzt. Und die Perspektiven - das Leben findet vorwiegend darüber statt, darunter liegt das Nichts - werden unter dem Himmel aus Beton langsam umgedreht. Gisela Erlacher, Himmel aus Beton - Skies of Concrete, Park Books, 112 Seiten, 38 Euro