Ausstellung:Mike Kelleys wilde Psycho-Welt in Düsseldorf

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Werke des 2012 gestorbenen US-Künstlers Mike Kelley sind wie eine Zeitreise in eine vordigitale Ära. Vier renommierte Museen lassen die abgründigen Arbeiten Kelleys durch Europa touren.

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Düsseldorf (dpa) - Mike Kelley hat mit unheimlichen Installationen aus abgenutzten Plüschtieren und Häkeldecken verstört, mit Ufos, Horrorfilmen und übersinnlichem Sekret, das ihm aus Nase und Ohren zu quellen schien. Die Werke des 2012 gestorbenen US-Künstlers entführen in die vordigitalen 80er und 90er Jahre und blicken hinter die Fassade der damaligen bunten Pop- und Medienwelt.

Im K21 der Kunstsammlung NRW Düsseldorf ist ab Samstag die große Überblicksausstellung „Ghost and Spirit“ (Gespenst und Geist) mit zentralen Werken Kelleys zu sehen (bis 8. September). Direktorin Susanne Gaensheimer bezeichnet ihn als „eine der letzten großen Künstlerfiguren vor der Explosion des Digitalen in unserem Leben“. Die Präsentation ist eine Kooperation mit drei weiteren renommierten Museen in Paris, London (Tate Modern) und Stockholm (Moderna Museet). Zum ersten Mal seit Kelleys Tod touren seine Werke damit wieder durch Europa. Düsseldorf ist nach der Pinault Collection Paris die zweite Station des Gemeinschaftsprojekts.

Bekannt wurde Kelley in den 1990er-Jahren mit Installationen aus gebrauchten und verschmutzten Kuscheltieren und Häkelpuppen, die er auf Flohmärkten kaufte und so unheimlich drapierte, dass Kritiker meinten, es gehe hier um Kindesmissbrauch. Dabei spielte Kelley durchaus humorvoll mit Realität und Schein. Er vermischte fiktive und reale Texte, extrahierte Horrorvideos aus Aufnahmen von Schultheateraufführungen, bediente sich bei Superman-Comics und Pornos und befasste sich mit Ufologie und dem Übersinnlichen. Urkomisch wirkt sein schwebender Silberball aus Alufolie, vor dem für heutige Verhältnisse vorsintflutliche Radio-Kassetten-Rekorder stehen, aus denen Berichte über Ufos ertönen.

Kelley kam aus einer Arbeiterfamilie und studierte Kunst in Los Angeles, wo er auch später Professor wurde. Er war ein Kind der späten 70er und 80er Jahre in den USA. „Ich war Teil der TV-Generation, ich war Pop“, zitiert Gaensheimer Kelley. „Ich hatte kein Gefühl für Geschichte. Die Welt erschien mir als Medienfassade, als Fiktion, als ein Haufen Lügen.“ Kurator Falk Wolf sagt, die Rolle des Künstlers sei bei Kelley definiert als „ein pubertierender Jugendlicher, der unheimlich anstrengend ist“ und für alle anderen auch eine Zumutung sei. „Wenn man etwas über Gegenwartskunst erfahren möchte, sollte man Kelley studieren, denn da ist eigentlich fast alles drin“, sagt Wolf.

© dpa-infocom, dpa:240321-99-417109/2

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