Porträt:Auf einmal ist alles recycelt

Lesezeit: 4 min

Firmeninhaber Thomas Sabo, umringt von seiner Frau Rita Sabo und seinem Sohn Santiago. (Foto: Thomas Sabo)

Wie der Schmuckunternehmer Thomas Sabo auf Nachhaltigkeit achtet. Und warum er sich über manche Slogans seiner Branche wundert.

Von Katharina Wetzel

Für Thomas Sabo ist es ein Ritual, jeden Morgen joggen zu gehen. Wenn andere noch schlafen, startet der Schmuckunternehmer in den Tag. Ganz gleich, ob er in München ist, weil er den Abend zuvor dort ein Event mit Presse, Promis und Kunden gab, sich auf einer Geschäftsreise in New York befindet oder einfach in der freien Natur, auf sein Ritual verzichtet er nicht.

Doch was ihm bei seiner Route immer wieder begegnet, schockiert ihn: An vielen Plätzen findet er Müllberge vor. "Wir haben eine Wegwerfgesellschaft. Hier wäre ein Ansatz, einiges zu ändern", sagt Sabo und bezieht dabei auch sein eigenes Unternehmen mit ein. "Wir reduzieren und verkleinern die Verpackungen und reduzieren Plastikbeutel. Man muss auch diese kleinen Dinge sehen. Da haben ja alle leider vor zehn Jahren nicht so dran gedacht", sagt Sabo.

Die kleinen Dinge sehen. Und daraus etwas Großes machen, vielleicht ist das die Kunst von Thomas Sabo. Seine Unternehmensgeschichte liest sich wie aus einem Ratgeber von Brianna Wiest. Ganz nach dem Motto: Vertraue dir selbst.

Sabo, geboren in Tulln an der Donau, aufgewachsen bei Tanten und Großeltern und seinem alleinerziehenden Vater in Lauf an der Pegnitz, Schulabbrecher, tauscht auf einer Asienreise in Thailand seine Canon-Kamera gegen Schmuck ein. Zurück in Deutschland gründet er 1984 sein eigenes Unternehmen, das heute je nach Saison zwischen 1200 und 1500 Mitarbeiter beschäftigt und in der Corona-Zeit 2020/2021 ein Ergebnis vor Zinsen und Steuern von 3,2 Millionen Euro bei einem Umsatz von 126,6 Millionen Euro erwirtschaftete.

"Ich habe auf Reisen die Passion zu Schmuck entdeckt", erzählt Sabo beim Gespräch und wirkt dabei ein bisschen wie eine Filmdiva, die zum hundertsten Mal berichten muss, wie sie entdeckt worden ist, sich aber auch immer noch geschmeichelt fühlt, danach gefragt zu werden.

Sabo ist Inhaber eines Schmuckimperiums, zeigt sich jedoch gern etwas rockig in schwarzer Ledermontur zu seiner blond-grauen Lockenmähne. BWL-Kurse hat er nie besucht. Dafür hat er eine Lehre als Feinmechaniker beim Metallhersteller Diehl absolviert: "Meine Ausbildung hat mir in meinem Leben sehr weitergeholfen, weil ich in der Metallbearbeitung einen sehr guten Blick für Oberflächen habe. Mein Vater hat mich dazu angeschubst, und das hat dem jungen Sabo ganz gutgetan", sagt Sabo, mittlerweile 61 und Mehrheitsgesellschafter des gleichnamigen Unternehmens.

Mit einfachen Ohrklemmen gelang ihm 1986 der Durchbruch: "Das war für mich der erste Start ins Eigenkapital", sagt Sabo. Heute weist das Sortiment neben Schmuck auch Uhren und Sonnenbrillen auf. Bekannt ist die Marke Thomas Sabo vor allem für Silberschmuck. Doch die Kollektion ist vielfältig, von Totenköpfen, Krokodilanhängern über Unisex-Perlenketten bis hin zu verspielt-lieblichen Armbändchen und wendebaren Ringen ist alles dabei. "Eine Uhr hat viel mehr Komponenten als ein Schmuckstück", erklärt Sabo. Im Vergleich zu vielen anderen Unternehmen litt seine Firma während der Corona-Krise nicht unter Lieferschwierigkeiten. Die Produkte werden international über eigene Läden, Einzelhandelsgeschäfte und Juweliere sowie im Onlinehandel vertrieben.

Über eine eigene Produktionsstätte verfügt die Firma nicht. Die Lieferanten von Thomas Sabo sitzen in Deutschland und überwiegend in Thailand. "Wir haben sehr langfristige Geschäftsbeziehungen. Da habe ich immer sehr darauf geachtet."

"Wir versuchen weitgehend nachhaltige Materialien zu verwenden"

Thomas Sabo hat die RJC-Zertifizierung des Responsible Jewellery Council erhalten. "Das ist ein aufwendiger Prozess, den unsere Firma regelmäßig durchläuft", sagt Sabo. Seit vielen Jahren seien auch zwei Produktmanager direkt in Bangkok. Zudem würden Tests gemacht, Materialen und Klebstoffe geprüft: "Wir versuchen weitgehend, nachhaltige Materialien zu verwenden", sagt Sabo. Verbrauchern rät er, vor allem auf Zertifizierungen zu achten.

Doch ihn wundere es schon, was in der Schmuckbranche nun alles als recyceltes Gold oder Silber verkauft werde, sagt Sabo: "Da klopfen sich einige Brands zu stark auf die Schulter. Denn das ist in der Schmuckproduktion ein riesiger Bestandteil. Wir machen das schon seit vielen Jahren", sagt Sabo.

Am Firmensitz in Lauf, wo bis zu 500 Mitarbeiter arbeiten, hat Sabo 2016 einen zweistelligen Millionenbetrag investiert und eine Reparaturwerkstatt eingerichtet. Beschädigte Schmuckstücke können in einer der Thomas-Sabo-Filialen abgegeben werden. Gegen eine Gebühr werden sie in Lauf dann wieder erneuert. Den Mitarbeitenden bietet der Firmensitz Annehmlichkeiten, wie sie meist nur inhabergeführte Familienunternehmen offerieren: großflächige Arbeitsräume, Fitnessräume sowie eine gute Kantine.

Im Oktober hat Sabo für seine Verdienste um die bayerische Wirtschaft und sein soziales Engagement von Ministerpräsident Markus Söder den Bayerischen Verdienstorden, den höchsten Orden des Freistaats Bayern, erhalten. Mit seiner gleichnamigen Stiftung unterstützt Sabo seit vielen Jahren regionale und internationale Kinderhilfsprojekte mit Spenden. "Es kommen auch Kinder mit leerem Magen in die Kita. Da sehe ich mich als Unternehmer in der Verantwortung. Das muss mir nicht erst ein Politiker vorschreiben", sagt der Schmuckunternehmer.

Auch politisch hat Sabo eine klare Meinung. Während andere Unternehmen ihre Chinastrategie überdenken, hat er sich aus der Volksrepublik längst zurückgezogen. Sorgen bereitet Sabo nun die Konsumflaute. "Das größte Problem in Europa sehen wir aktuell in Deutschland. Das Bedürfnis nach einer motivierenden Führung ist überfällig", sagt Sabo, dem es wohl auch von Wien aus gelingt, seine Mitarbeiter zu motivieren. In gewisser Weise kehrt er so auch zurück zu seinen Wurzeln, die Geschäftsführung hat er übertragen, nun widmet er sich verstärkt dem Design. Doch ans Aufhören denkt Sabo längst nicht. Im Gegenteil.

Ein Produkt der neuen Marke Saboteur heißt "heiliger Planet". (Foto: Thomas Sabo)

Auf Wunsch seines Sohns Santiago, der eine Ausbildung als Piercer hat, wurde im November 2021 die Marke Saboteur gelauncht, die im Vergleich zu Thomas Sabo höherpreisig ist und verschiedene Kollektionen aufweist, für die jeweils Thomas Sabo, seine Frau Rita Sabo, die auch als Künstlerin arbeitet, und Santiago das Design verantworten. Und natürlich wünscht sich der Vater von insgesamt zwei Söhnen und einer kleinen Tochter, dass das Unternehmen in der Familie bleibt. Und so meint Sabo zum Schluss: "Unser Grundsatz lautet: Nie an Externe verkaufen."

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: