Sprachlabor:Zweierlei

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(Foto: Luis Murschetz (Illustration))

Warum ein zweifacher Olympiasieger nicht dasselbe ist wie ein zweimaliger Sieger. Und wann der Begriff des Herausstreichens durchaus auch positiv gemeint sein kann. Benutzen Sie eigentlich gerne die Konstruktion ,,Um...zu?" Dann Vorsicht dabei.

Von Hermann Unterstöger

DER HARTE KERN der um die Reinheit des Finalsatzes Besorgten ist wie unsere Leserin J. der Ansicht, dass bei falschen "um ... zu"-Konstruktionen der Verstand ausgeschaltet gewesen sei. Frau J. reicht dazu Zeitungsschnipsel mit in ihren Augen missglückten Sätzen ein. Die meisten folgen dem Muster "... kündigte seinen Rücktritt an, nur um ihn Stunden später zu widerrufen", können also so verstanden werden, als sei der Widerruf der Zweck des Rücktritts gewesen. Die Frage wurde an dieser Stelle schon etliche Male erörtert, und so sei der Einfachheit halber wiederholt, was in einer alten Grammatik steht: Ein Infinitivanschluss wie dieser sei "nicht zu tadeln", wenn daraus kein Unfug erwachse. "Otto verließ sein Dorf, um es nie mehr wiederzusehen" ist in Ordnung, nicht hingegen: "Danach begab er sich in die Stadt, um dort von einem Auto überfahren zu werden."

UM "ZWEIFACH" UND "ZWEIMAL" klar unterscheiden zu können, greift man am besten in die Welt des Verbrechens: Wer mordet und raubt, ist ein Zweifachtäter, wer heute raubt und morgen wieder, ist zweimal im selben Genre zugange. Ohne Katarina Witt mit dieser Sphäre in Verbindung bringen zu wollen, sei ihr attestiert, dass sie zweimalige Olympiasiegerin im Eiskunstlauf war. Bei uns wurde sie zur zweifachen Olympiasiegerin erklärt, was sie Leser U. zufolge nur dann gewesen wäre, wenn sie sowohl im Einzel- als auch im Paarlaufen gesiegt hätte.

WIRD AUS EINEM GESETZ etwas herausgestrichen, heißt das: Weg damit! Wie aber, wenn durch Änderung eines Paragrafen etwas, wie es bei uns hieß, "herausgestrichen" werden soll? Leser S. war sich bei Lektüre dieser Stelle nicht im Klaren, wie das gemeint war. Der Kontext lehrt, dass herausstreichen hier den Sinn von hervorheben hatte, so wie bei Luther, als er empfahl, den Papst "als den Erzfeind unseres Herrn und Heilandes" herauszustreichen. Herausstreichen kann ja auch außerordentlich loben bedeuten, doch das war hier sicher nicht Luthers Intention.

© SZ vom 19.12.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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