Sprachlabor:Zum Schiessern!

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(Foto: Luis Murschetz (Illustration))

Wie Feinripp-Unterhemden es in eine Redewendung geschafft haben und dass man doch nicht konsequentialistisch sein muss, wenn man es nicht versteht. Und einiges zu den Feinheiten über die große Glocke, an die man Dinge hängen kann oder nicht.

Von Hermann Unterstöger

ÜBER DAS INDEFINITPRONOMEN man sagt die Grammatik, dass es vom eigenen Ich bis zur ganzen Menschheit alles vertreten könne. Für die Menschheitsvertretung mag der Spruch "Man muss hoffen" stehen, und was das Ich angeht, so lassen sich gerade die Journalisten nur zu gern und bis zum Überdruss der Leser von diesem Wörtchen vertreten: "Man trifft den Dichter im Foyer des Hotels." Generell ist gegen man wenig einzuwenden, doch hat Leser S. einen Satz angestrichen, in dem es ihn stört. Der Philosoph Julian Nida-Rümelin hatte im Interview gesagt, er sei Konsequentialist, was die Redaktion zu dem Hinweis bewog: "Konsequentialistisch nennt man Ethiken, die ..." Für Herrn S. hörte sich das an, als wisse alle Welt, was konsequentialistisch bedeutet, "nur ich kleiner dummer Bub" nicht. Ob er übertreibe? Vielleicht, denn es hätte ja noch schlimmer kommen können, nämlich wenn wir geschrieben hätten, die besagten Ethiken nenne man "bekanntlich" konsequentialistisch.

IM INTERNET taucht immer wieder die Frage auf, ob das Partizip mitgehangen in "Mitgefangen, mitgehangen" nicht richtigerweise mitgehängt lauten müsse, was Witzbolde zuverlässig mit der Version "Mitgefängt, mitgehängt" beantworten. Weit weniger strittig ist, was uns Leser H. und Leserin L. anlässlich der Formulierung, dass Röntgen "seine Arbeit nicht gerne an die große Glocke hing", hinter die Ohren schrieben: Es muss hängte heißen. Die alte Sache mit transitiv und intransitiv: Er hängte das Bild an die Wand, und dort hing es dann auch.

"ZUM SCHIESSERN!" findet Leser R. die Nachricht, in Berliner Mietskasernen habe "jemand in Feinripp" die Mieten kassiert. Nun wundert einen in Berlin ja so leicht nichts mehr, ein Blick jedoch in die Ortsblätter Berliner Kurier und Berliner Zeitung belehrt über die harte, aber herzhafte Realität. Diesen zufolge kamen die Kassierer "im Feinripp-Unterhemd", was selbst in Berlin so zu verstehen ist, dass das nicht das einzige Kleidungsstück der Leute war.

© SZ vom 11.07.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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