Sprachlabor:X wie Xangsverein

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(Foto: Luis Murschetz (Illustration))

Grimms Wörterbuch bietet wieder mal flux eine Antwort auf sprachliche Unklarheiten. Und noch eine Ermahnung: An Verben zu sparen, wenn mehrere Substantive zu bedienen sind, sollte man sich gut überlegen. Dies führt oft in die Irre.

Von Hermann Unterstöger

DIE SPARSAMKEIT gehört zu den bürgerlichen Tugenden und kann, wenn man's mit ihr übertreibt, allerlei Unfug stiften. Das hat seine durchaus heiteren Seiten, beispielsweise wenn man ein Verb, das zweierlei bedeuten kann, nur einmal verwendet: "Ich heiße Max und euch willkommen." Heinz Erhardt ritt darauf nur zu gern herum: "Ich fror vor mich hin, denn nicht nur meine Mutter, auch der Ofen war ausgegangen." Jenseits solcher Scherze appelliert unsere Leserin H. an die schreibende Zunft, bei der Sprache nicht mehr zu sparen als nötig, erstens, weil Sätze dadurch unklar werden könnten, zweitens, weil deren Klang möglicherweise beeinträchtigt werde. Als Beweismittel legt sie vor: "Kommissar Faber, ein vom Tod seiner Frau und Tochter traumatisiertes Arschloch." Man dürfe doch wohl davon ausgehen, dass Fabers Frau und seine Tochter "zwei verschiedene Personen sind", weshalb beiden das Possessivpronomen gebühre. Einer, der das erkannt hatte, war Goethe, der für Charlotte von Stein dichtete: "Ach, du warst in abgelebten Zeiten / Meine Schwester oder meine Frau." Zwar war sie weder das eine noch das andere, aber Klang und Grammatik stimmen.

DEN HANDBALLERN des THW Kiel wurde bestätigt, sie hätten die aus der Niederlage gegen Nantes - 27:35 - resultierende Enttäuschung "flux abgeschüttelt", ein Attest, das Leser Dr. M. zu der harschen Bemerkung veranlasst, bei uns sei, wie Heraklit sagt, alles im Fluxus, auch die Sprachkenntnisse. Wie dieses flux statt des angestaubten Adverbs flugs zustande kam, mag offenbleiben. Es ist nicht auszuschließen, dass zeitgenössische Gaudibildungen wie "Oans, zwoa, drei, xuffa!", "Xangsverein" oder "Xund fürn Hund" Pate gestanden haben. Nicht zur Rechtfertigung, aber zur Ausleuchtung des Horizonts sei Grimms Wörterbuch herangezogen, worin alte Quellen für Schreibweisen wie flux oder flucks angeführt werden: "Flux heim, dass wir prassind und schlemmind!" Das freilich werden die Handballer nach dem 27:35 nicht gesagt haben.

© SZ vom 17.10.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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