Sprachlabor:Was die Gastin der Menschin voraushat

Lesezeit: 1 min

(Foto: Luis Murschetz (Illustration))

Genauer betrachtet werden außerdem die gar nicht schlüpfrige Windschlüpfigkeit und die megamonsterspannende Jugendsprache.

Von Hermann Unterstöger

WENN'S SO WEITERGEHT, können wir die Gender-Fälle bald durchnummerieren. Diesmal wundert sich Leser Q. über die "Gästin" und fragt, wann wohl die "Menschin" um die Ecke biege. Nun, das hat sie bereits getan, und zwar im Grimmschen Wörterbuch, wo sie als "weiblicher Mensch" vorkommt. Die Belege lassen allerdings darauf schließen, dass sie damals schon eine Exotin war, ebenso wie die "Gästin", die Grimm mit der Anmerkung "wenig gebraucht" präsentiert. Bei unserer "Gästin" hatte es sich um eine Schauspielerin gehandelt, die als Gast an die Kammerspiele zurückkehrte. Dazu noch mal Grimm: " Gastin ohne Umlaut wird neuerdings gebraucht von Schauspielerinnen u. ä., die auf Gastspiel kommen." Doch Vorsicht: Gastin könnte mit Gustin verwechselt werden. Das ist die "Feine Speisestärke" von Dr. Oetker.

BEI TECHNISCHEN FRAGEN bauen wir außer auf unsere Leser auf Lexika und dergleichen. Wenn also die Herren v. M. und Dr. M. mit leisem Spott unseren Terminus "windschlüpfrig" kritisieren, beugen wir uns ihrem Tadel und legen drauf, was bei Wikipedia zu finden ist, nämlich dass der cw-Wert umgangssprachlich ein Maß für die "Windschlüpfigkeit" eines Körpers ist. Schlüpfig, ohne "r"! Über die Schlüpfrigkeit vielleicht ein andermal.

EINEN PLATZVERWEIS erteilt unser Leser Dr. R. dem Wort "endwütig", das bei uns als "endwütend" vorkam. So oder so ist es lexikalisch nicht fassbar, aber nicht, weil es - wie etwa endrichtig (bestens geeignet) oder Endkreis (Horizont) - in eine abgestorbene Sprachschicht abgesunken wäre, sondern weil es nie vorhanden war. Da es in einem Streiflicht vorkam, ist anzunehmen, dass der Autor aus einer literarischen Laune heraus mit einer Sprachsphäre kokettierte, die gemeinhin nicht die der SZ ist: mit der Jugendsprache. Diese gefällt sich unter anderem darin, Superlative mit Präfixen wie hyper-, mega-, monster-, power- und eben end- zu bilden. Das Buch dazu trägt megamonsterpassenderweise den Titel "Endgeil".

© SZ vom 09.10.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: