Sprachlabor:Während er Ravioli isst

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Darüber, wie die Konjunktion "während" früher Gleich­zeitigkeit meinte und heute Gegensätzlichkeit ausdrückt.

Von Hermann Unterstöger

MIT GUTEM WITZ verficht Leser K. den Grundsatz, dass die Konjunktion während nur temporal verwendet werden dürfe, nie adversativ. Sein Kampf hat insofern eine solide Basis, als während einst Gleichzeitigkeit ausdrückte und erst später auch zum Ausdruck von Gegensätzlichkeit herangezogen wurde. Dementsprechend schwach kann es in dieser Funktion wirken. Der Satz "Während Peter Ravioli isst, verzehrt Fritz Spaghetti" muss, um als adversativ erkennbar zu sein, angefüttert werden: "Während Peter wie üblich Ravioli isst, verzehrt Fritz die ewig gleichen Spaghetti." Die Grammatik sagt zu diesem Thema: "Die zeitliche Bedeutung der Konjunktion während kann so stark zurücktreten, dass ein adversatives Verhältnis entsteht", und in Grimms Deutschem Wörterbuch heißt es dazu: "Sehr oft bezeichnet das Wort jetzt (...) schlechthin einen Gegensatz, während die ursprüngliche Beziehung auf die Gleichzeitigkeit der Handlung ganz zurückgetreten ist." Einer der Belege dafür stammt aus "Shakespeares Mädchen und Frauen" von Heinrich Heine: "Während ein französischer oder italienischer Nekromant von dem Mephistopheles das schönste Weib der Gegenwart gefordert hätte, begehrt der deutsche Faust ein Weib, welches bereits vor Jahrtausenden gestorben ist."

DER INSTRUMENTALIS, auch Werkzeugfall genannt, bezeichnet das Mittel, mit dem eine Handlung ausgeführt wird. Aus dem Deutschen ist er verschwunden. Wie er ausgesehen hat, kann man dem "Hildebrandslied" entnehmen: "Nu scal mih suasat chind swertu houwan" (Nun soll mich das eigene Kind mit dem Schwert schlagen). Jetzt will Leser J. trotzdem im Gegenwartsdeutsch einen Instrumental entdeckt haben, und zwar in dem Passus, wonach Georg Friedrich von Hohenzollern Journalisten "mit Bußgeld bewehrten Unterlassungsklagen überzogen" habe. Ein Sprachaltertum? Leider nicht. Unser Autor hätte entweder "mit mit Bußgeld bewehrten" schreiben oder das bewährte Wort bußgeldbewehrt verwenden müssen.

© SZ vom 28.08.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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