Sprachlabor:Unsere Vergangenheit

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(Foto: Luis Murschetz (Illustration))

Warum es auf keinen Fall "in keinster Weise" heißen darf? Schlag nach im Grimmschen Wörterbuch! Und wo kommt Plusquamperfekt zum Einsatz?

Von Hermann Unterstöger

DEM FREMDSCHÄMEN fiel Leser T. anheim, als er auf die Wendung "in keinster Weise" stieß. In der Tat gilt die Steigerung des Indefinitpronomens kein als absolut verpönt, um nicht zu sagen als gaga bzw. No-Go. Dazu ein Goldenes Wort aus Grimms Wörterbuch: "Was den Gebrauch von kein betrifft, so hat es sich von jeher nach seinem Vater ein als seinem Vorbild gerichtet" - und ein zu steigern ist bisher keinem eingefallen. Man findet zur keinsten Weise im Internet immer wieder den Hinweis, es handle sich dabei um einen Elativ, eine Art von Superlativ hoch zwei. Das ist weit hergeholt und insofern nicht stichhaltig, als der Elativ üblicherweise von Adjektiven oder adverbial gebrauchten Adjektiven gebildet wird: gefällig, gefälligst. Die Floskel in keinster Weise ist umgangssprachlich und kommt, wie ein Blick ins Archiv lehrt, hauptsächlich in Zitaten von Landes- und Bundespolitikern vor.

DAS PLUSQUAMPERFEKT gilt als so wenig sexy wie das 2. Futur und wird darüber hinaus oft für falsch gehalten. Unser Leser M. bringt dafür diesen (verkürzten) Satz aus einer Agenturmeldung bei: "Die Arena war als Olympiastadion geplant gewesen." Seiner Ansicht nach hätte es "war/wurde geplant" oder "ist geplant worden" heißen müssen, da Hauptsätze nicht mit dem Plusquamperfekt zu bilden seien. Das ist im Prinzip richtig und lässt sich damit sinnfällig machen, dass man nicht "Ich war im Kino gewesen" sagt, sondern "Ich war im Kino". Anders wird die Sache, wenn das Plusquamperfekt in seiner Funktion als relatives Tempus auftritt, wenn mit ihm also, wie die Duden-Grammatik sagt, "die Zeit einer zweiten Verhaltensweise auf die Zeit einer ersten bezogen" wird. Unsere Agenturmeldung fuhr mit der Aussage fort, dass die Pläne geändert wurden und aus dem Olympia- ein Fußballstadion wurde. Mithin stellt die ursprüngliche Planung ein in der Vergangenheit abgeschlossenes Geschehen dar und hat alles Recht, im Plusquamperfekt vorgestellt zu werden.

© SZ vom 13.10.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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