Sprachlabor:Uhrenumstellung und Zeitverschwendung

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(Foto: Luis Murschetz (Illustration))

Was sich mit der Zeit so alles anstellen lässt. Und was eben gerade nicht, wenn man's labormäßig genau nimmt.

Von Hermann Unterstöger

WER OSTERN SO RECHT genießen will, dem sei empfohlen, sich in den Streit zu vertiefen, der im Frühchristentum um den Termin des Osterfests ausgefochten wurde. Im Vergleich zu dem, was seinerzeit zwischen den Fraktionen der Quartodezimaner und Protopaschisten ablief, sind unsere alljährlichen Querelen um die Sommer- und Winterzeit dürftiges Gezänk. Vor einer Woche hatten wir wieder Zeitumstellung, und genau daran knüpft Leser Sch. seine Forderung, dazu nicht Zeitumstellung zu sagen, sondern Uhrenumstellung. Warum? Weil die Zeit nicht umgestellt werden könne, die Uhren hingegen schon. So richtig das ist, so gefährlich wäre es für den Wortschatz, wenn in diesem Sinn auf andere Zeit-Komposita zugegriffen würde. So zum Beispiel haben wir die Zeitersparnis und die Zeitverschwendung, die sich beide anhören, als hätten wir Zugriff auf die Zeit. Diese aber geht unbeirrt ihren Gang.

IN OBIGEM TEXT hieß es "so zum Beispiel", was von manchen zu "so" verkürzt wird: "Einige der Hunde, so Bello und Wuffi, waren letztlich des Hasen Tod." Weit öfter wird "wie" geschrieben, wenn "wie zum Beispiel" gemeint ist. Leser S. stieß darauf in der Aussage, dass "Länder wie Dänemark und Norwegen" eine Impfpause einlegen, was mit einiger Spitzfindigkeit so gelesen werden konnte, als hätten sich alle Länder, die mit Dänemark und Norwegen zu vergleichen sind, in die Impfpause begeben. Wörterbücher "wie der Duden" lassen diese Verwendung von wie aber gelten, wenn damit Beispiele "zur Veranschaulichung eines vorher genannten Begriffs" angeführt werden.

WAS GEMEINT ist, ist das eine, was dasteht, das andere. Die Formulierung "Es ist als Bürgerin dieses Landes ein schönes Gefühl" lässt sich, streng genommen, nicht anders verstehen, als dass "es" eine "Bürgerin dieses Landes" ist und beide "ein schönes Gefühl" sind. Dr. W. liefert dazu die Parodie: "Es ist als Leser ... seit gut 50 Jahren immer wieder ein Vergnügen, korrektes Deutsch vorgesetzt zu erhalten."

© SZ vom 03.04.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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