RICHTIGE WÖRTER zieren jeden Text, doch sollten sie darin auch richtig angeordnet sein. In Grammatiken finden sich Belehrungen wie die, dass es nicht "die Abfahrtszeit nach Kassel" heiße, sondern "die Zeit der Abfahrt nach Kassel". Von anderer Art, aber ähnlich schillernd war die Mitteilung, Forscher hätten "die Höhlenmalerei einer halluzinogenen Pflanze" entdeckt. Das wurde zwar später dahingehend geändert, dass die Malerei einen "halluzinogenen Stechapfel" zeige, aber in Leser K.s Haushalt wurde trotzdem die Frage diskutiert, ob halluzinogene Pflanzen malen können, noch dazu in Höhlen. Für Unruhe sorgte bei Leser Dr. L. der Passus, der Religionswissenschaftler Blume sei "Landesbeauftragter gegen Antisemitismus der Landesregierung". Wäre er als "Beauftragter der Landesregierung gegen Antisemitismus" oder nur als "Landesbeauftragter gegen Antisemitismus" vorgestellt worden, hätte Herr L. sich die Frage sparen können, ob die Regierung so antisemitisch sei, dass sie dagegen einen Beauftragten benötige. Sensationell fand Leser A. die Kunde von Schätzungen, denen zufolge "jährlich bis zu 20 000 Todesfälle durch Blutvergiftung vermieden werden" könnten. Obwohl der Artikel keinen Zweifel daran ließ, dass es um 20 000 durch Blutvergiftung verursachte Todesfälle ging, spielte Herr A. kurz mit dem Gedanken, dass die Blutvergiftung als "neuer Heilsbringer" doch eine Riesenstory sein könnte.
DASS CORONA an den Nerven vieler Menschen "zehre", fand Leser L. insofern bedenklich, als deren Nerven irgendwann aufgezehrt sein müssten. Seiner Ansicht nach reicht es, wenn Corona an den Nerven "zerrt". Man muss keine Hauptsache draus machen, denn es heißt ja auch, jemand raube einem den letzten Nerv, und wenn man dann nachzählt, sind sie allesamt noch da. Indes scheint zehren nicht das beste Wort für den Vorgang zu sein, da es auf eine Minderung der Substanz hindeutet. Zerren trifft es besser, und es ist sehr zu wünschen, dass wir Corona Nerven wie Stahlseile entgegenzusetzen haben.