Sprachlabor:Trenden und streamen

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(Foto: Luis Murschetz (Illustration))

Bei vielen Anglizismen gibt es inzwischen Nomen und Verb dazu passend. Die Pärchen kommen und gehen mit der Mode, oft mit Gänsefüßchen.

Von Hermann Unterstöger

NOCH ZIEMLICH NEU auf dem Wörtermarkt: trenden . Es ist nicht zu verwechseln mit dem Verb trendeln, für das Grimms Wörterbuch Bedeutungen wie rollen, wirbeln, trödeln und, wichtig für Scharfrichter , aufs Rad flechten vorhält. Im Digitalen Wörterbuch der deutschen Sprache (dwds.de) wird trenden ohne Angabe der Bedeutung geführt, doch lässt sich aus den Belegen ableiten, was ohnedies zu vermuten ist: dass trenden das so lang und so überaus schmerzlich vermisste Verb zu Trend ist, so wie coachen das zu Coach und streamen das zu Stream ist. Das Verb bezieht sich, wie ebenfalls zu vermuten, auf News, Looks, Hashtags und dergleichen, und wenn die Welt recht hat, trendete sogar das gewagt karierte Sakko, das Erdoğan am Tag der Präsidentschaftswahl trug, schon nach den ersten Hochrechnungen. Als trenden vor beiläufig zwanzig Jahren ins Deutsche einsickerte, wurde es oft noch mit Gänsefüßchen geschrieben. Davon trendete es jedoch sehr schnell wieder weg.

SELBST ALS NICHT-BIKER staunte unser Leser E., als zur "Anti-Harley" - gemeint war die R 18 von BMW - die Frage gestellt wurde, wie sich "so ein Trumm" fahre, "wenn man es erst einmal vom Seitenständer in die Waagrechte gewuchtet hat". Herr E. findet, dass von Wuchten bei diesem Vorgang keine Rede sein könne. Wenig später hieß es übrigens in unserem Text, das Motorrad schüttle sich "wie ein nasser Hund". Das komme aber nicht von der horizontalen Lage, sondern vom Starten des Motors. Kein Wunder bei einem Fahrzeug, das unter dem Motto "Soul is all that matters" antritt.

DER LESER ALS DEUTER ist uns ein lieber Gast. Hören wir also, was Herr L. zu dem im Wirtschaftsteil verwendeten Adverb "hemdsärmlich" zu sagen hat. Er findet, dass die Firma, auf die es gemünzt war, sich sowohl hemdsärmelig als auch ärmlich (im Sinn von armselig) verhalten habe, woraus folge, dass hemdsärmlich eine feine Schöpfung sei. Gut gemeint, doch hat sich unser Autor wohl nur verschrieben.

© SZ vom 24.10.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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