Sprachlabor:Nix gwiss woas ma ned

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(Foto: Luis Murschetz (Illustration))

Wie heißt es in der Zeitung, wenn man nur eine Ahnung hat, von dieser aber überzeugt ist? Ein Leser weiß es.

Von Hermann Unterstöger

VERWIRRUNG hat bei Leser Z. folgender Satz ausgelöst: "Es geht zwei Wendeltreppen hinauf in Ivankas Zimmer, das einen Ausblick über den Central Park hat, als flöge man." Herrn Z. geht es um den Konjunktiv flöge , der fliege lauten müsse, da Ausblick und Gefühl in der Gegenwart stattfänden. Hier gilt indes die Regel von den irrealen Vergleichssätzen. Diese Sätze drücken einen vorstellbaren, jedoch nicht wirklichen Vergleich aus und werden mit dem Konjunktiv II gebildet: also flöge statt fliege (ebenfalls möglich). Eine nicht ganz abwegige Vermutung geht übrigens dahin, dass den Konjunktiv fliege Joseph Freiherr von Eichendorff auf dem Gewissen hat: An seinem Vers über die Seele, die dahinfliegt, "als flöge sie nach Haus", kommt keiner mehr vorbei.

"NIX GWISS WOASS MA NED", soll das Münchner Original Joseph Huber, der "Finessensepperl", gesagt haben, und so sagt man bis heute in Altbayern, wenn man entweder wirklich nichts Gewisses weiß oder sich nicht festlegen will. Und wie drückt man sich in der Zeitung aus, wenn man eine Ahnung hat, von dieser aber überzeugt ist? Man schreibt: " ... was eindeutig der Fall sein dürfte." Leser H., ein Finessensepperl auch er, gesteht aus Anlass dieser Formulierung, "dass es mir manchmal auch so geht, dass ich mir sicher bin, dass ich mir nicht sicher bin".

EINE KLEINE SAMMLUNG eigenartiger Sätze legt Leser P. vor; wir geben sie hier gekürzt wieder: "Das Ministerium hat angekündigt, das Urteil prüfen zu wollen"; "Der Aufsichtsrat beschloss, die Investitionen steigern zu wollen"; "Freude über die Möglichkeit, mit Ihnen zusammenarbeiten zu dürfen"; "Man verliert die Fähigkeit, unterscheiden zu können". In all diesen Beispielen wird, wie Herr P. selber sagt, "doppelt gemoppelt", und wenn er fragt, ob sein Sprachgefühl ihn da täusche, so nimmt diese Kolumne die Möglichkeit, das verneinen zu können, gerne wahr.

© SZ vom 25.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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