Sprachlabor:Modewörter 

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(Foto: Luis Murschetz (Illustration))

Dinge oder Zustände werden oft nicht mehr besser oder schlechter, sondern bekommen eine neue "Qualität". Die "Qualität der Gewalt" ist feinfühligen Lesern aber zu Recht ein Dorn im Auge.

Von Hermann Unterstöger

DIE DEUTSCHE BANK, schreibt uns Leser M., nenne sich seit jeher so und verweigere "jegliche Deklination". Gemach!, hätte man im Gründungsjahr 1870 wahrscheinlich gesagt: Zwar nannte die Bank sich in der Tat vom Anbeginn an Deutsche Bank, doch der Deklination unterwarf sie sich wie alle Namen von Firmen, Straßen, Zeitungen, Opern und so fort. Bereits auf einer frühen Aktie heißt es, deren Inhaber habe "Antheil an dem Vermögen der Deutschen Bank". Leistete er sich davon vielleicht ein Dinner im "Bayerischer Hof"? Nein, er begab sich in den "Bayerischen Hof".

DIE LADY ist im Deutschen mittlerweile so heimisch, dass ihr auch das deutsche Plural-s zusteht: Ladys. Konträr zu dieser Regel fordert unser Leser R., den englischen Plural zumindest dann zu verwenden, wenn die Lady in einem unverkennbar englischem Kontext steht, also etwa bei Ladies first. Überträgt man das auf eine überaus beliebte Frauenveranstaltung, sollte man demnach nicht Ladys Night oder gar Lady's Night schreiben, sondern Ladies Night beziehungsweise, ganz korrekt, Ladies' Night.

ÖFTER ALS UNS LIEB SEIN KANN, stellen Fachleute eine "neue Qualität der Gewalt" fest. Ebenso oft zuckt Leser G. zusammen, wegen der Gewalt sowieso, vornehmlich aber wegen der Verbindung von Qualität und Gewalt, die sich für ihn anhört, als sei von erstklassiger Gewalt die Rede. "Ich denke", schreibt er, "bei Qualität ganz altmodisch in Lebensmitteln oder Kleidung." Was Qualität habe, müsse gut sein, "abgehoben vom Durchschnitt, zumindest aber vom Schlechten". So denken sehr viele, und ihnen allen kommt die Qualität der Gewalt so widersinnig vor wie die ebenfalls oft anzutreffende Kultur des Hasses. Sprachlich ist gegen die Qualität der Gewalt allerdings wenig einzuwenden. Das lateinische Grundwort qualitas steht für Beschaffenheit, wobei das Pendel durchaus auch zum Schlechten ausschlagen kann.

© SZ vom 16.11.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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