Sprachlabor:Auf den Weg bringen

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(Foto: Luis Murschetz (Illustration))

Über gern genutzte Floskeln, die manchen auf die Nerven gehen, aber durchaus korrekt sind. Von Belarus und Belarussen.

Von Hermann Unterstöger

MAN DARF DEN LESERN keine Idiosynkrasien unterstellen, aber dass einige von ihnen gegen bestimmte Wörter - das Adjektiv lecker zum Beispiel - überempfindlich sind, lehrt die Erfahrung. Unser Leser L. hat eine starke Aversion gegen die Floskel auf den Weg bringen , die er dem "Politikergewäsch" zuweist und die, wie er überzeugend darlegt, je nach Sachlage leicht durch einleiten, beantragen oder einklagen ersetzt werden kann. Dagegen ist nichts zu sagen. Allenfalls sollte man fragen, ob der Überdruss an der allgegenwärtigen Auf-den-Weg-Bringerei auch sprachlich zu stützen ist, und da sind wir, mit Verlaub, auf einem guten Weg. Ein Blick in den Grimm zeigt, dass die Floskel einst fast immer den Sinn von auf den rechten Weg bringen hatte, und das von Herrn L. ähnlich heftig kritisierte in die Wege leiten ging ebenfalls in diese Richtung. Nichtsdestoweniger ist zu konstatieren, dass viele auf den Weg bringen als bildkräftige Wendung schätzen und sich durch die Aversion anderer nicht davon werden abbringen lassen.

HAARE SPALTEN GEFÄLLIG? Die Nachricht, Zsolt Balla sei "seit mehr als 100 Jahren der erste Militärrabbiner Deutschlands", kontert Leserin W. mit der Frage: "Wie kann Balla da erst 47 sein?"

SIE STOLPERE, schreibt Leserin G., immer über die Belarussen, die doch, als die Bewohner von Belarus, Belarusen seien - schließlich seien doch auch die Bewohner von Paris keine Parisser. Ein Joke, dem spontan entgegenzuhalten wäre, dass zu den Bewohnern von Russland auch kein Mensch Rusen sage. In der Sache Belarus/ Belarus(s)en/ belarus(s)isch gibt es zwei Lager. Deren eines sieht, verkürzt gesagt, in der Schreibung mit einem "s" die Eigenständigkeit Weißrusslands abgebildet, wohingegen man im anderen darauf verweist, dass bela nur das russische Wort für weiß sei, es folglich bei -russen und natürlich -russinnen bleiben könne. Die SZ hängt der zweiten Lehre an. Sie nennt das Land Belarus, dessen Bewohner aber Belarussinnen und Belarussen.

© SZ vom 31.07.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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