Sprachliche Diskriminierung:Frau Sowieso und Herr Mosár

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Namen KARI Forum Karin Mihm (Foto: Karin Mihm)

Im Gastbeitrag schreibt Hasnain Kazim über falsche Aussprache von ausländischen Namen und Respekt. SZ-Leser zeigen Verständnis - und wie falsch ihre Namen verstanden werden.

Gastbeitrag "Ich heiße nicht Pimmelgruber" vom 6. März:

Nach dem R wissen alle Bescheid

Lieber Herr Hasnain Kazim, wenn ich Ihren Namen lese, weiß ich, dass es sich lohnt, den Beitrag zu lesen oder die Sendung anzuschauen. Danke! Ich habe mich auch bemüht, mir Ihren Namen korrekt zu merken. Aber ganz sicher bin ich mir nicht immer. Ich verstehe Ihren Schmerz über die Verhunzung Ihres Namens. Das passiert auch mit deutschen Namen.

Durch Heirat bekam ich den schönen fränkischen Namen Burkhard. Inzwischen habe ich verschiedene Varianten kennengelernt: Burkhart, Burghard, Burghart, Burkard, Burkart, Burkert, Burgard, Burgart ... Buchstabieren hilft auch nicht unbedingt. Nach dem "r" hören manche Menschen nicht mehr zu, sondern wissen, wie mein Name zu schreiben ist. Vielleicht trösten Sie meine Erfahrungen ein wenig?

Barbara Burkhard, München

Deutsche Namenskultur

Bei jeder Migrationsdebatte fällt unweigerlich das Stichwort Integration. Dazu gehört auch, sich mit der Kultur des Landes, in das ich eingewandert bin, auseinanderzusetzen und mich gewissen Punkten auch anzupassen. Ein wichtiger Teil der Kultur ist die Sprache - das macht Herr Kazim ja mit plakativen Beispielen deutlich. Was spricht dagegen, die Namenskultur meines Landes zu übernehmen und damit zu zeigen, dass ich mich diesem Land zugehörig fühle?

Ganz nebenbei hätte das den Effekt, dass ich mich über Benachteiligung oder falsche Aussprachen nicht mehr beschweren bräuchte. Muss ich denn sehenden Auges meinem Kind und der Gesellschaft, in der dieses aufwächst, einen Namen antun, der nicht zur heimischen Kultur gehört, der Nachteile mit sich bringt und mich von Geburt an in eine auffällige Rolle drängt? Und muss ich mich danach darüber aufregen, dass es genau diese Nachteile erfährt, von denen ich schon im Vorfeld gewusst habe?

Unter meinen Bekannten mit Migrationshintergrund gibt es positive Beispiele von Menschen, die sehr zufrieden sind, ihren Namen dem Deutschen angepasst zu haben (teils nur bei der Aussprache, teils auch in der Schreibweise) und die dies als positiven Schritt und nicht als Demütigung empfunden haben.

Holger Nachtigall, Sachsenried

Schwertfrau Rabe

Nehmen Sie es nicht so schwer. Auch meine Namen, Vor- und Familienname, obwohl maximaldeutsch, stellen manche Mitmenschen vor unüberwindbare Schwierigkeiten. Einer hat sogar angefangen zu lachen, als ich ihm meinen Vornamen als Teil meiner E-Mail-Adresse buchstabiert habe, und jubelte: "Was ist das denn?" Ich habe es ihm erklärt.

Ortrud ist zusammengesetzt aus "Trude", was im Germanischen ein Wort für "Frau" ist, und "Or" steht für Schwert. Sie sehen, man muss keinen fremden Namen tragen, um die Leute zu überfordern. Und obwohl die Signatur meiner dienstlichen E-Mail-Adresse meinen Beruf mit "-in" am Ende angibt, bringen es Leute fertig, mich mit "Sehr geehrter Herr Raven" anzusprechen. Zuletzt ist das einer Mitarbeiterin der Volkshochschule passiert, einer Körperschaft, bei der ich wenig Frauenfeindlichkeit vermute. Es gibt Menschen, die es ganz besonders schlau meinen und Raven englisch aussprechen.

Ihre Probleme mit dem Namen unseres Landwirtschaftsministers schrumpfen vielleicht, wenn Sie es wie einer meiner Kollegen halten: Er vermutet eher Dummheit als Boshaftigkeit. Haben Sie schon mal zwei junge Damen in schicken Klamotten "zwei Cappuccinis" bestellen gehört? Oder das Abmühen eines Franzosen mit dem Wort "Chippendale" erlebt. Ich habe beruflich fast täglich mit Menschen zu tun, deren Vorfahren nicht alle zwischen Flensburg und Mittenwald zur Welt gekommen sind.

Mir ist das völlig egal, wo sie herkommen, welche Religion sie haben und was sie essen. Ich bemühe mich - aus Respekt vor ihnen - immer um die richtige Aussprache des Namens meines Gegenübers, aber: Ich schaffe es nicht immer. Manche sind mir so schwierig, dass ich den Anfang vergessen habe, wenn die letzte Silbe nicht verklungen ist. Mein Hirn ist zu klein dafür. Soll ich meinen Gesprächspartner um eine Übungsstunde bitten? Es bleibt weiter spannend.

Ortrud Raven, Dortmund

Herr Kopfstoß

Japanische Namen leiden ebenfalls stark unter dem Nicht-Unterscheiden der Deutschen zwischen dem stimmlosen s und dem stimmhaften z. Bei einem der häufigsten Namen, nämlich Suzuki, wird der erste Konsonant s oft stimmhaft, also als z gemäß dem International Phonetic Alphabet, und der zweite Konsonant z als ts, also wie ts ausgesprochen. Der Name, der eigentlich suzuki lauten sollte, wird zu zutsuki, und damit wird Herr Suzuki zu "Herr Kopfstoß".

Ich wurde auch mehrmals gefragt, ob ich Diagramme mag. Wie bitte? Es dauerte eine schöne Weile, bis ich endlich verstanden habe, was mit der Frage gemeint war: ob ich Sushi mag. Krass ist aber, dass mir dann vorgeworfen wurde, dass ich spitzfindig und intolerant sei, als ich die Frage nicht verstanden habe oder den obigen Namen nicht identifizieren konnte. Ich sollte dafür büßen, dass meine Muttersprache so ein blödes, für die Deutschen nicht realisierbares phonetisches System habe. Das ist einfach nicht fair.

Dr. Noriyo Hoozawa-Arkenau, Mannheim

Ein Plädoyer für Nachsicht

Herrn Kazim ist zuzustimmen, dass es keine Rechtfertigung gibt, Namen nicht korrekt zu schreiben. In Bezug auf die Aussprache plädiere ich - außer bei offiziellen Anlässen - für Nachsicht, weil die korrekte Aussprache nicht immer offensichtlich ist. So wird mein Name weder in englisch- noch französischsprachigen Regionen korrekt ausgesprochen, schon wegen des ch am Ende. Das habe ich aber niemandem übel genommen.

Prof. Dr. Volker Aurich, Schwäbisch Hall

Ügowon Offmanschtal

Ja, das mit den Namen ist eine vertrackte Sache! Schön, dass Sie so abgeklärt darüber schreiben. Vielleicht ist es ein gewisser Trost, dass es diese Schwierigkeiten mit den Namen nicht nur in Deutschland respektive deutschsprachigen Ländern gibt. Eine mir bekannte Mechthild musste in Amerika damit leben, eine Mäktaild zu sein, und schreiben konnte ihren Namen sowieso keiner.

Auch Prominenz schützt vor abenteuerlichen Aussprachen nicht. Ich liebe es, den französischen Sender Radio Classique zu hören. Jean Sebastien Bak und Wolfgon Mosár sind noch die harmlosen Beispiele, abenteuerlicher wird es schon mit Kristoffe Willibalde Glück oder Dittritsch Büxteüd. Am schlimmsten ist es, wenn ein Sprecher versucht, einen Namen richtig auszusprechen, da kommt man als Deutscher ins Grübeln, zum Beispiel bei Ügowon Offmanschtal hat sich der Sprecher daran erinnert, dass im Deutschen s und t zu scht zusammengezogen werden - meistens.

Was die Schreibweisen betrifft: Da haben die Franzosen ja dem Kreml-Diktator wohlweislich ein O und ein E dazugemogelt, sonst müssten sie den Namen wie Putain aussprechen, was für den Herrn womöglich ein Grund wäre, in Frankreich einzumarschieren ...

Was in meinen Augen für einen möglichen anzufügenden zweiten Vornamen spricht - ohne respektlos dem eigentlichen gegenüber sein zu wollen - ist die Erleichterung, die man dadurch hat, dass damit das Geschlecht des Menschen so klar, wie das halt heutzutage noch geht, wird. Ich bekomme öfter Briefe oder Mails, bei denen ich nicht weiß, ob die Absender nun besser mit "Sehr geehrte Frau Sowieso" oder doch eher mit "Sehr geehrter Herr Sowieso" anzusprechen sind. Aber das ist letzten Endes nur eine Kleinigkeit, nicht von Belang, lässt sich lösen, ist nur ein bisschen umständlich.

Wie Herr Kazim im Artikel schon schrieb, ist auch das Autokorrekturprogramm eine echte Falle, immer wieder macht meines aus meiner Freundin Cornelie eine "Liebe Cornflakes", und sicher, ein Redakteur sollte gründlich kontrollieren, aber Redakteure sind auch nur Menschen, die es manchmal verdammt eilig haben, da rutscht einem schon mal was durch.

Renate Dehner, Konstanz

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