Hochhäuser in München:Klimafeindlicher Investoren-Gigantismus

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Hochhäuser in München: Ein Reizthema für Stadtplaner, und für manche auch ein rotes Tuch. (Foto: Heinz Gebhardt/Imago)

SZ-Leser kritisieren, dass der Stadtrat zu wenig auf zeitgemäße und zukunftsfähige Planung achte und sich zu wenig einmische in das, was Bauherren gefällt.

"Ein bisschen einig reicht nicht" vom 13. Oktober und Kommentar "Eine gute Frage" vom 20. September:

Kronawitter lag richtig

Um es ganz deutlich zu sagen: Zu der Hochhausfrage gibt es im Münchner Stadtrat keine nennenswerte Opposition. Alle wollen irgendwie modern sein, und niemand erkennt das Ausmaß der Verschandelung, das die beiden Türme an der Paketposthalle anrichten werden.

Wenn wenigstens jemand eine Chance sähe, sich mit diesem Thema zu profilieren. Die SPD steht stramm hinter ihrem Oberbürgermeister und der Verwaltung. Die Grünen hätten zwar gerne etwas mehr Basisdemokratie, aber in der Sache haben sie keine dezidiert eigenständige Meinung. Die CSU schließlich kann auch nicht gegen etwas kämpfen, was sie selber, als sie noch mitregierte, einzurühren geholfen hat. Deshalb befürwortet sie zwar ein Ratsbegehren, aber nur in der Form, dass ein Ergebnis ganz im Sinne ihres Grünwalder Freundes Büschl schon vorgezeichnet ist.

Was fehlt, ist ein wirklich prominenter Hochhausgegner. Man mag von Schorsch Kronawitter halten, was man will. Er hatte zumindest eine Überzeugung und war bereit, dafür zu kämpfen.

Vielleicht braucht München nach "Highlight" und "Uptown", den beiden Hochhausprojekten, die Anlass für den Bürgerentscheid von 2004 waren, erst noch ein weiteres Schockerlebnis, bevor die Zeit dafür reif ist, dem verhängnisvollen Treiben der Investoren endlich Einhalt zu gebieten.

Axel Lehmann, München

Planerische Arroganz

Was für ein genialer Trick, zu behaupten, dass mehr Hochhäuser mehr Grünflächen generieren würden! Schon wieder wird versucht, diese Investoren-Träume den Bürgern zu verkaufen, auch noch mit der Behauptung, sie basiere auf den Empfehlungen aus dem "Bürgergutachten". Dieses Gremium - 112 zufällig ausgewählte Münchner, von Fachwissen kaum belastet beziehungsweise nur ad hoc gebrieft - hat also großzügig verkündet, für mehr Freiraum würden sie auch höhere Wohngebäude befürworten. Was Herr Büschl natürlich gerne aufgreift. Geradezu zynisch mutet das an, wenn die Stadtbaurätin dazu formuliert, dass mit dieser Stellungnahme der Gutachter "eine klare und konsequente Positionierung der breiten Öffentlichkeit" vorliege - wie soll das gehen, wenn 112 Personen kaum 0,01 Prozent der Einwohner Münchens repräsentieren?

Im SZ-Bericht wird diese neuerliche Überarbeitung im - nach meinem Eindruck - eher euphorischen Ton vorgestellt, doch bleiben viele Fragen offen. Die Skizze zeigt zwar den versprochenen "Quartierspark", vor allem aber mehrere zusätzlich hingeworfene Baukörper und Aufstockungen der schon geplanten Bebauung. Es wäre interessant zu erfahren, mit wie viel zusätzlicher Geschossfläche dieser "Park" erkauft werden soll, denn schließlich erfordern ja mehr Geschossflächen auch wieder mehr Bedarf an Tiefgaragen-Stellplätzen und Freiflächen.

Was wie immer nicht zu sehen ist, sind die unterirdischen Monster-Tiefgaragen, über denen kaum ein Park zu realisieren sein wird, sondern allenfalls eine gärtnerisch gestaltete Freifläche. Ganz nebenbei ist dann auch noch zu lesen, dass die pro Einwohner notwendige Grünfläche unterschritten werden wird. Wie passt das alles zusammen?

Der Fehler liegt am Anfang, in der Arroganz, mit der die Stadt meinte, so eine für den Stadtraum bedeutende und umfangreiche Entwicklung ohne Architektenwettbewerb durchdrücken zu können. Daran werden auch endlose kosmetisch beschwichtigende Detail-Veränderungen, wie zum Beispiel Schrägaufzüge oder nicht, nichts ändern.

Viktoria David, München

Weder zeit- noch klimagemäß

155 Meter hohe Wolkenkratzer sind eine Klimasünde. Die Herstellung der benötigten Baustoffe - Stahl, Beton und Glas - verursacht tonnenweise CO₂-Emissionen. Außerdem haben solche extrem hohen Häuser viel größere Lift- und Versorgungsschächte als niedrigere Häuser und sie verbrauchen auch beim Betrieb dauerhaft viel mehr Energie für Lifte, Wasser, Raumklima et cetera. Ihre Dächer und Fassaden können schlechter begrünt werden.

Wir dürfen Architektur nicht nach dem Äußeren beurteilen, sondern müssen bauen, was unserer städtischen Klimazukunft nützt. Wir dürfen uns jetzt von Herrn Büschl keinen Investoren-Diesel-SUV aufdrängen lassen. Wir müssen Bautypen einfordern, die den stattfindenden Klimakatastrophen gerecht werden. Uns selbst und unseren Kindern zuliebe wollen wir mehr begrünte Fassaden und weniger Stahlbeton-Glas-Giganten sehen. Wir wollen ein klimafreundliches München als Gartenstadt, keinen unzeitgemäßen Investoren-Gigantismus.

Klaus Siersch, München

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