G-7-Gipfel:Mehr Schaden als Nutzen auf Schloss Elmau

Lesezeit: 5 min

Kanzler Olaf Scholz spricht vor idyllischer Kulisse beim G-7-Treffen auf Schloss Elmau. (Foto: Thomas Lohnes/Getty Images)

Das Treffen der mächtigen Sieben produziert vor allem hohe Kosten und bringt enorme Nachteile für die Umwelt, beklagen SZ-Leser.

"Schloss und Riegel" vom 18./19. Juni, "Lebensversicherung" vom 30. Juni, und "Gletscher, Geigen und Gegrilltes" vom 23. Juni:

Zulasten der Tiere

Da sperrt die Staatsgewalt ein ganzes Tal mit einem doppelten Sicherheitszaun ab. Mitten in der Brut- und Setzzeit, in einem Land, in dem auch für fliegendes Getier schon mal Wildbrücken gebaut werden müssen. In einem Land, in dem mittlerweile nahezu alle Umweltministerien, Nabu und Bund Naturschutz infiltriert sind, trampeln Horden von Subunternehmern durch die Bodenbrüter-Gelege und verhungern wahrscheinlich hunderte von Junghasen, Reh- und Rotwildkitzen elend, weil die Zäune ihre Mütter an der Rückkehr hindern. Wo ist der Sieben-Personen-Verein, der sich sonst aus nichtigerem Anlass so gerne zeigt? Und an wen hat die Deutsche Umwelthilfe (DUH) ihr Abmahnschreiben geschickt? Mich würde schon sehr interessieren, wie man die grünen Kader so wirksam still gestellt hat. War es die bayerische Spezialität Mohnzuz (auch "Mohnzuzel", sedierender Schnuller aus mohngefülltem Tuch)?

Dr. Wolfgang Hahm, Duderstadt

Abgehobenheit, statt Bürgernähe

Das Bespaßungsprogramm für die Teilnehmer des G-7-Gipfels macht deutlich, dass es dort weniger um Arbeit, sondern mehr um die Schaffung einer Wohlfühlatmosphäre mit schönen Bildern geht. Das Abschlussprotokoll - beim Gipfel 2015 umfasste es 21 Seiten -, dürfte im Vorfeld bereits fertig gewesen sein und kaum etwas enthalten, was die Teilnehmer nicht bereits auf früheren Konferenzen in unterschiedlichen Zusammensetzungen beschlossen haben.

Das G-7-Treffen ist ein Beispiel dafür, dass trotz Klimaerwärmung und Übernutzung der Ressourcen der Erde die Verantwortlichen weiterhin nach dem Motto größer, aufwendiger und teurer handeln. Die Kosten des Gipfels werden vom Bayerischen Innenministerium auf etwa 166 Millionen Euro geschätzt, der Gipfel 2015 kostete 30 Millionen weniger.

Wenn ein Treffen, das nicht nur in die Natur eingreift, sondern auch umfangreiche Straßensperren und Verkehrskontrollen mit sich bringt, die die Bürger und Bürgerinnen bereits im Vorfeld beeinträchtigen, und 18 000 Polizeibeamte darin involviert sind, friedlich verläuft und dieses als Erfolg bezeichnet wird, so muss man ins Grübeln kommen. Durch behördliche Schikanen für ein friedliches Protestcamp und Demonstrationen, die nur weit vom Ort des Geschehens entfernt zugelassen werden, lässt sich "Grabesruhe" erzwingen, die an rigoros durchgreifende autoritäre Polizeistaaten erinnert.

Die Abgehobenheit der Gipfelteilnehmer von den Alltagsproblemen der von ihnen Regierten wird durch extremen Luxus und die völlige Isolation von Andersdenkenden verstärkt. Bürgernähe und Vorbildfunktion durch zukunftsgerichtete Bescheidenheit wären angesagt.

Dr. Heiko Barske, Seefeld

Eine Frage des CO2-Verbrauchs

Ich wohne in der Hubschraubereinflugschneise von Schloss Elmau zwischen München und Garmisch-Partenkirchen. Schon eine Woche vorher donnerten gefühlt halbstündlich Helikopter in ebenfalls gefühlten 100 Metern über meinem Haus am Waldrand vorbei.

Wenn es nur die sieben Staatschefs plus Entourage in jeweils einem Helikopter gewesen wären, aber tagtäglich flogen eine Woche lang zirka 20 Hubschrauber oder mehr Richtung Garmisch und zurück. Wer saß da drin? Was haben sie gemacht? Waren das die Putzfrauen, die eingeflogen wurden - aus Sicherheitsgründen? Es ging doch auch ums Klima auf dem Gipfel.

Ich dachte, Dorfbewohner haben nur mit Dumpfbacken zu kämpfen, die mit richtig coolen Motorrädern die Menschen sonntags morgens aus dem Schlaf dröhnen. Wie dem auch sei. Der G-7-Gipfel hat alleine durch diese Helishuttles so viel CO2 verursacht, dass es fast schon egal ist, wenn jeden Samstag und Sonntag Harleys durch die Dörfer Richtung Alpen fahren. Abgesehen vom Lärm.

Carola Belloni, Eurasburg

Kein Grund zu strahlen

Auf dem Bild vor der Obama-Bank in Elmau lachen und strahlen sie alle. Dazu besteht überhaupt kein Grund, sie sollten eher weinen. Schließlich sind sie alle Verlierer, genauer gesagt: Wir, die Bürger ihrer Länder, sind Verlierer.

Die durch den Ukraine-Krieg erhöhten Energiepreise schlagen auf die Preise von Lebensmitteln, Heizen, Kühlen, Verkehr, und viele Produktionen durch. Unsere Politiker haben ganz vergessen, dass die harten Sanktionen teils erhebliche, negative Rückwirkungen auf ihre Länder haben. Was Energie anbelangt, haben die Sanktionen dieselbe Wirkung, als hätte Putin die G-7-Länder sanktioniert. Jetzt haben wir immer länger werdende Schlangen an den Tafeln.

Gewinner sind die weltweite, besonders die amerikanische Rüstungsindustrie, die jetzt und in den nächsten Jahren tolle Gewinne einfahren wird, die Fracking-Industrie, ebenfalls hauptsächlich in den USA, die Profite einfährt, da sie einen preisgünstigen Konkurrenten los ist, den Sanktionen gegen Russland sei Dank. Und da ist die Finanzindustrie, an der Wallstreet oder in London, die durch die steigende Staatsverschuldung in Europa gut an unseren Steuern verdienen wird.

Ob Russland wirklich der große Verlierer sein wird, ist noch offen. Jedenfalls werden die Russen nicht frieren und hungern.

Die Ukrainer sind die großen Verlierer. Auch wenn das Land wieder aufgebaut wird, die Toten kommen nicht zurück. Die politische Führung der Ukraine interessiert das offensichtlich nicht.

Verlierer ist auch der Industriestandort Deutschland, denn eine wesentliche Basis für den wirtschaftlichen Erfolg seit den 1970er-Jahren war der zuverlässige und preisgünstige Bezug von Energie erst aus der Sowjetunion, dann aus Russland. Das ist vorbei. Wer einmal in einem Industriebetrieb war, egal ob Auto- oder Nudelhersteller, Brauerei oder Glasschmelze, der weiß: dort arbeiten hauptsächlich Roboter und die Strom brauchen. Diese Arbeitskräfte werden jetzt wesentlich teurer. China kann sich freuen.

Rüdiger Berger, Neubiberg

Außer Spesen nichts gewesen

Der Krieg in der Ukraine geht leider weiter. Die Energieprobleme werden vermutlich mittelfristig nicht lösbar sein und die Hungersnot in der Dritten Welt findet kein Ende. Immerhin zwei Lichtblicke: gut gefüllte Rucksäcke mit schönen Dingen aus Bayern für die Staatsgäste. Und wir haben erfahren, dass der US-Präsident gerne wandert. Ist doch auch informativ. Ansonsten "außer Spesen mal wieder nichts gewesen". Mehr wurde wohl auch nicht erwartet.

Stefan Herb, Roding

Exorbitante Kosten

Es ist zu hoffen, dass Bundeskanzler Olaf Scholz zum Nachdenken kommt und die exorbitanten Kosten der Veranstaltung nicht ein zweites Mal einsetzen wird.

Waltraud Weigand, München

Brandgefährlicher Unfug

Kaum ist der G-7-Gipfel im bayerischen Idyll Elmau beendet, schon geht das Säbelrasseln in Madrid weiter: 30 Nato-Staaten sind sich einig, die Truppenstärke auf 300 000 Mann zu erhöhen. Geld spielt bei der Aufrüstung keine Rolle. Erst in Elmau, dann in Madrid grinsen die feinen Herren und Damen einträchtig in die Kamera. Es ist ja nicht ihr Leben, das da aufs Spiel gesetzt wird. Sie sind nur die Drahtzieher.

Die Diplomatie hat sich seit Wochen resigniert verkrochen, und so wird weiter geschossen, anstatt auf Friedensgespräche zu setzen. Die Fronten verhärten sich immer mehr. Die G-7-Mächtigen müssen eine Heidenangst gehabt haben, auch vor ihrer eigenen Bevölkerung, wenn man sich die Stacheldrahtschutzzone um Elmau betrachtet: 18 000 Sicherheitskräfte beschützten eine Handvoll Menschen.

Mehrere Tage krachte und dröhnte es vom Himmel. Nicht nur Gewitter, sondern Militärmaschinen. Grenzübergänge wurden massiv kontrolliert und sogar gesperrt. Nur einige Demonstranten waren zugelassen, nachdem sie Millimeter für Millimeter gefilzt wurden.

Dann dasselbe in Madrid. Man betrachtet diesen lächerlichen und leider brandgefährlichen Unfug und schüttelt ungläubig den Kopf.

Sylvia Dürr, Innsbruck/Österreich

Hinweis

Leserbriefe sind in keinem Fall Meinungsäußerungen der Redaktion, sie dürfen gekürzt und in allen Ausgaben und Kanälen der Süddeutschen Zeitung , gedruckt wie digital, veröffentlicht werden, stets unter Angabe von Vor- und Nachname und dem Wohnort. Schreiben Sie Ihre Beiträge unter Bezugnahme auf die jeweiligen SZ-Artikel an forum@sz.de . Bitte geben Sie für Rückfragen Ihre Adresse und Telefonnummer an. Postalisch erreichen Sie uns unter Süddeutsche Zeitung, Forum & Leserdialog, Hultschiner Str. 8, 81677 München, per Fax unter 089/2183-8530.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: