Cannabis-Legalisierung:O'kifft is!

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Trinken über alle Maßen? Bisher kein Problem, gerade in Bayern. Jetzt darf auch gekifft werden. (Foto: Karl-Josef Hildenbrand/dpa)

Die Union wollte es im Bundesrat noch verhindern, aber ohne Erfolg: Seit April ist der Konsum von Cannabis in gewissen Grenzen legal. Die Reaktionen der SZ-Leser zeigen: Die Entscheidung bleibt umstritten.

"Es darf gekifft werden" vom 23. März und Kommentar "Wenn die Kiffer kommen" vom 26. März:

Opium fürs Volk

Ein Gesundheitsminister sollte sich stets um das Wohlergehen der Bevölkerung kümmern. Cannabis kann zwar im Einzelfall sogar medizinisch hilfreich sein, eine Legalisierung für die Gesamtbevölkerung darf aufgrund drohender Suchtgefahr nicht eingeführt werden.

Rauchen, Kiffen und Saufen beruhigt zwar zunächst die Seele, kann aber im Nachhinein zu Depressionen führen. Die Politik muss so ausgerichtet sein, dass die Menschen entlastet in eine gute Zukunft blicken können. Eine politische Lösung der Probleme scheint dringender denn je, die Menschen jedoch mit Drogen beruhigen zu wollen, kann keinesfalls der richtige Weg sein.

Siegmar Unger, Hollstadt

Zweierlei Maß

Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hat bereits angedroht, das Gesetz extremst restriktiv anzuwenden. Kiffern wolle man es im Freistaat so ungemütlich wie möglich machen. Die Haltung ist völlig unverständlich, wenn sich derselbe Ministerpräsident kurz zuvor dafür hergibt, mit einer führenden Brauerei prominent den Starkbieranstich zu feiern. Die verheerende Wirkung der Droge Alkohol wird von den meisten Bürgern als gegeben hingenommen, trotz Verkehrsunfällen, gesundheitlicher Schäden und psychischer Langzeitfolgen.

Dr. Paul Wollny, Luxemburg

Konstruktionsfehler im Bundesrat

Der Bundesrat hat das Gesetz zur Cannabis-Legalisierung passieren lassen, doch im Bericht von Frau Slavik klingt an, was einer vertieften Auseinandersetzung bedarf: Enthaltungen werden im Bundesrat bei der Anrufung des Vermittlungsausschusses wie Nein-Stimmen gewertet. Würde dagegen, wie es in vielen Rechtsgebieten geregelt ist, die einfache Mehrheit reichen, wäre das Gesetz in den Vermittlungsausschuss überwiesen worden. Der Wählerwille, wie er durch sich enthaltende Landesregierungen zum Ausdruck kommt, wird nicht umgesetzt. Hier besteht Handlungsbedarf!

Torsten Ermel, Lübbecke

Alle Drogen erlauben

Das war ein mühseliger Weg, den der fragwürdige Gesundheitsminister da gegangen ist. Mit der Legalisierung des Besitzes bestimmter Mengen Gras ist allerdings noch lange keine umfassende Entkriminalisierung erfolgt. Allein die Beschaffung bleibt nach dem neuen Gesetz so kompliziert, dass der Schwarzmarkt wohl doch weiterhin eine Option bleiben wird. Wer tritt schon irgendwelchen Vereinen bei, um ein Alltagsprodukt zu besorgen?

Und was ist mit den anderen Stoffen, die so kursieren? Welche Rechtfertigungsgründe für die Kriminalisierung bestehen, hat noch keiner wirklich benennen können. Nein, der Staat hat gerade keine Pflicht, Menschen vor sich selbst zu schützen. Der Bürger hat vielmehr die Freiheit zur Krankheit und die Freiheit zum Ableben. Ein Staat, der Bürger vor seinen Freiheiten schützt, ist nicht der, den das Grundgesetz vorsieht. Es wird Zeit, dass gilt: Alles ist erlaubt, was Dritte nicht schädigt. Damit gibt es schlicht keinen sachlichen Rechtfertigungsgrund für ein Verbot von Substanzen, welche auch immer das sein mögen. Es geht also nicht nur ums Kiffen.

Dr. David Schneider-Addae-Mensah, Karlsruhe

Von Bayern lernen

Armes Baden-Württemberg! Die Rauschsüchtigen aus Frankreich überfallen nun bald also in Massen das Land und belästigen die Einwohner mit ihrem bekifften Verhalten, so das Horrorszenario, das Innenminister Thomas Strobl nach der Cannabis-Entscheidung an die Wand malt. Gut, dass wir Bayern hier schon Erfahrung haben, die wir gerne mit anderen Bundesländern teilen. Jahr für Jahr überfallen uns im September Rauschsüchtige aus aller Welt. Die Polizei versucht unter großem Einsatz, die gröbsten Auswirkungen zu verhindern, jedoch an die Quelle, die die Rauschsüchtigen magisch anzieht, kommt sie nicht heran: die Wiesn.

Andererseits profitiert unser schönes Bundesland ja auch von dieser Lust an der Besinnungslosigkeit, denn die Übernachtungsgäste spülen als Gegenleistung viel Geld herein. Kleiner Tipp ans benachbarte Baden-Württemberg: Etabliert ein Volksfest, bei dem zu völlig überhöhten Preisen, dafür aber maßlos gekifft werden kann! Dann hat man die ganzen Berauschten an einem Ort, kann die Polizei gezielt einsetzen und die kleinen Kinder fernhalten. Nach drei Wochen ist der Spuk vorbei. Und von den Einnahmen kann man dann gerne auch wieder Drogenberatung für die Einheimischen finanzieren.

Karin Brückner, Augsburg

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