Briefzustellung:Wenn der Postmann selten klingelt

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So viele auf einmal? Postboten in München. (Foto: IMAGO/Wolfgang Maria Weber/IMAGO/Wolfgang Maria Weber)

Die Deutsche Post darf sich künftig mehr Zeit lassen, um Briefe zuzustellen. Der Kommentator der SZ findet das richtig - viele Leser sehen es allerdings ganz anders.

"Kommt Zeit, kommt Brief" vom 20. Dezember und Kommentar "Überfällige Lizenz zum Trödeln" vom 22. Dezember:

Reinfall Privatisierung

Die Aussagen von Björn Finke zum Thema Briefversand betrachte ich als anmaßend. Von seinem wahrscheinlich gut ausgestatteten Büro aus stimmt er den neuesten Machenschaften der Post zu, die die Briefe noch später ausliefern will.

Dazu empfehle ich ihm erst einmal zurückzublättern im Archiv der SZ, welche Versprechungen die Politik damals den Bürgern mit der sogenannten Privatisierung von Post und Bahn gab. Es sollte ja alles besser werden! Das genaue Gegenteil ist eingetreten: Postfilialen wurden abgebaut und in Geschäfte hineinverlagert. Für den Kunden ist das oft mit ungeschultem Personal und ungünstigen Öffnungszeiten verbunden. Auch Briefmarkenautomaten wurden abgebaut. Die ständigen Preiserhöhungen des Portos sind nur ein zusätzliches Ärgernis.

Die Behauptung von Herrn Finke, dass ja eh die Menschen im Lande Briefe nur noch per Mail verschicken würden, ist besonders frech. Er ignoriert alle Senioren und Seniorinnen, die nicht so gut ausgestattet sind, auch die anderen Menschen, die mit einem Computer vielleicht nicht so gut umgehen. Die vielleicht keinen Scanner haben, um Schriftstücke mit Unterschrift versenden zu können. Die Post ist als Dienstleistungsbetrieb für den Bürger entstanden und nicht um Gewinne zu erzielen. Dementsprechend muss die Briefzustellung weiterhin zügig erfolgen.

Bernhard Feilzer, Gilching

Blanker Hohn

Hurra, endlich gibt es arbeitslose Postboten und BriefsortiererInnen, auf die der leer gefegte Arbeitsmarkt wartet. Vielleicht können die dank "Brieftrödel-Gesetz" entlassenen Postbediensteten sich dann die Klinke mit den aus den Benko-Konzernen freigestellten Mitarbeiterinnen in die Hand geben. Obendrauf gibt's dann die "langersehnten" Premium Briefmarken für die schnellen Briefe, die extra kosten. Ich kann es kaum erwarten!

Im Ernst: Man kann den Kommentar von Björn Finke zu den Auswirkungen der Reform des Postgesetzes als blanken Hohn einstufen. Ich kann mich jedenfalls über den Artikel nur wundern, gelinde gesagt. Die SZ wird mir langsam unheimlich, aber vom sicheren Schreibtisch aus gesehen ist das alles sicher ganz easy und schick, und der Zeitungsausträger könnte ja auch umschulen. Vielleicht zum Redakteur, er muss es nur wollen, und alle warten auf ihn.

Oliver Schulze, Detmold

Trödeltradition

Ja, ist diese Lizenz zum Trödeln für die Deutsche Post wirklich überfällig, wie es im Kommentar behauptet wird? In der täglich erlebten Realität arbeitet die Deutsche Post längst ohne Lizenz so. Leider! Bei der Post geht's nicht so schnell - das ist schon eine Operetten-Weisheit, die sich verselbständigt hat. Montags? Hm, Briefkasten leer, na ja, daran gewöhnt man sich. Zustellung am Vormittag? Eine Wunschvorstellung, die es aber mal gab, daran erinnere nicht nur ich mich. Und das alles zum Normalpreis, der sich jetzt dann wohl bald ganz offiziell Trödelpreis nennen darf. Wie schön für den Standort Deutschland!

Sylvia Schliep, München

Versprechen schon jetzt gebrochen

Ändert sich mit der geplanten Reform für den Briefdienst eigentlich etwas? Wir haben zwar einen sehr zuverlässigen Postboten (man kann fast die Uhr nach ihm stellen). Aber wenn er ausfällt oder im Urlaub ist, passiert gar nichts. Manchmal kommen irgendwann Aushilfen, die hilflos herumirren. Im Zweifel lassen sie ganze Straßenzüge bei der Auslieferung einfach weg. Und der reguläre Briefträger hat dann beim nächsten Mal übervolle Taschen. Er hat mir selbst nach einem Urlaub gesagt: "In drei Tagen habe ich den Rückstau weg." Gelegentlich kommt irgendwann ein eingeschweißter Umschlag mit Post, die man irgendwo gefunden hat. Montags kommt gar nichts, allenfalls ein "Liebesbrief" vom Finanzamt. Sprich: Die Zustelldauer von einem Tag ist auch jetzt schon Makulatur.

Hans-Ulrich Sinner, München

Dringendes nur per Brief

"Wer etwas Dringendes verschicken will, schreibt ohnehin eine Mail": Da hat der Autor aber die Rechnung ohne die Berufsgenossenschaft gemacht. Zumindest da gibt es wegen des Datenschutzes nur den Brief. Und solange der Brief mit der simplen Botschaft "Kostenübernahme genehmigt" nicht beim Empfänger ankommt, gibt es auch keine Reha. Das kann dauern. In Zukunft also noch länger. Da hilft es dann auch nichts, dass es da meist um wirklich Dringendes geht.

Wolfgang Rüppel, Hohenwart

Digitale Transformation

Ich stimme Björn Finke ja im Wesentlichen zu. Er vergisst nur etwas sehr Wichtiges: Es gibt zum Beispiel Terminsachen vom Amtsgericht. Wenn Sie dann den Brief vom Gericht erst zwei Wochen nach der elektronischen Briefankündigung bekommen, haben Sie unter Umständen ein Problem. Das habe ich gerade erlebt. Oder Zahlungsfristen, die einzuhalten sind ... So gibt es eine ganze Reihe von Beispielen.

Gerichtssachen können leider immer noch nicht per E-Mail rechtssicher zugestellt werden. Und solange brauchen wir schriftliche Briefe, und zwar pünktlich! Bis dahin ist noch viel digitale Transformation erforderlich.

Willy Homann, Münster

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