AfD:18 Prozent und viele offene Fragen

Lesezeit: 3 min

Die AfD-Vorsitzenden Alice Weidel und Tino Chrupalla bei einer Pressekonferenz. (Foto: Metodi Popow/Imago)

Wie SZ-Leserinnen und -Leser das Umfragehoch der Alternative für Deutschland erklären.

"Die unheimlichen 18 Prozent" vom 10./11. Juni, "Paragraf 86a Strafgesetzbuch" vom 7. Juni, "Auf dem Trampolin" vom 5. Juni und "Früchte des Zorns" vom 3./4. Juni:

Deutsche Besserwisser

Da laufen die Erklärungsversuche heiß. Wer trägt die Verantwortung für den Aufstieg der AfD? Eine Wiederholung der Schuldzuweisungen können wir uns ersparen. Im Grunde ist alles ganz einfach. Schauen wir uns um in Europa. In allen Ländern wurden in den vergangenen Jahren eine Unmenge von Wärmepumpen eingebaut. Das erfolgte ohne Verurteilung der jeweiligen Regierung. In ganz Europa finden wir Tempogrenzen auf den Autobahnen. Alles ohne Widerspruch. Nur wir Deutschen: Wir glauben, dass wir alles besser wissen. Am deutschen Wesen soll Europa genesen.

Diese Unfähigkeit, sinnvolle Entscheidungen zur Vollendung zu bringen, treibt die Bevölkerung auf die Barrikaden. Da entscheidet man sich lieber für eine Partei, die dafür steht, keine Entscheidungen zu treffen. Das ist viel einfacher. Wann steigen wir Deutschen endlich vom hohen Ross der Besserwisserei herab und nehmen uns unsere europäischen Nachbarn zum Vorbild?

Marcus Schlüter, Weil im Schönbuch

Demokratieverächter

Die AfD bietet keine Lösungen, die AfD ist Teil des Problems. Am Beispiel der Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine und aus Syrien zeigt sich das destruktive Politikverständnis der AfD. Es ist Putin, der in beiden Ländern Kriegsverbrechen an Kriegsverbrechen reiht und Millionen von Syrern und Ukrainern zur Flucht zwingt. Putin erzeugt die Flüchtlingsströme mit zynischem Kalkül.

Die Kriegsflüchtlinge, die in Deutschland Zuflucht suchen, sind Wasser auf die Propagandamühlen der AfD. Anstatt Putin als den Verursacher des Flüchtlingselends zu benennen und zu verurteilen, huldigen AfD-Funktionäre dem russischen Kriegstreiber. Die AfD und Putin eint die Verachtung für die Demokratie. Während Putins Staatspropaganda den Westen mit Hasstiraden überzieht, diffamiert die AfD das bundesdeutsche demokratische Gemeinwesen als "System", das es ihrer Meinung nach zu überwinden gilt. Die AfD und Putin sind Brüder im Geiste. Ihr gemeinsames Ziel ist die Spaltung der Gesellschaft und die Zersetzung der Demokratie.

Roland Sommer, Diedorf

Grenzen des Sagbaren

In dem Beitrag versucht die SZ Antworten auf die gestiegenen Umfragewerte der AfD zu geben. Hierbei wird auch auf ein aktuelles Gutachten des "Deutschen Instituts für Menschenrechte" (DIMR) hingewiesen, wonach "die Gefahr, die von der AfD für die freiheitliche demokratische Grundordnung" ausgehe, mittlerweile erheblich sei. Das Institut sieht die Voraussetzungen für ein AfD-Verbot als erfüllt an, was in der SZ leider fehlt und ich außerordentlich bedauere.

In der Analyse des Instituts, das den gesetzlichen Auftrag zur Prävention von Menschenrechtsverletzungen hat, heißt es, die Partei gehe "zur Durchsetzung ihrer rassistischen und rechtsextremen Ziele" aktiv und planvoll vor. Beispielsweise arbeite die AfD daran, "die Grenzen des Sagbaren und damit den Diskurs so zu verschieben, dass eine Gewöhnung an ihre rassistischen national-völkischen Positionen - auch im öffentlichen und politischen Raum - erfolgt". Insgesamt - so das DIMR - bemühe sich die Partei darum, die in Artikel 1 des Grundgesetzes verankerten Garantien zu beseitigen.

Helmut Müller, Bonn

Im Sprachgebrauch

Es ist interessant zu lesen, dass das Oberlandesgericht Hamm schon 2006 den Spruch "Alles für Deutschland" als Volksverhetzung erkannt hat und dass dies allgemein bekannt sei. Ich wusste das bis heute nicht, weil ich mich nicht ständig mit Nazis und ihren Äußerungen beschäftige. Für mich zählt bei allen Sprüchen nur der Wortlaut und wie er vom Sprecher gemeint ist.

Ich denke, jeder gute Deutsche leistet alles auch für Deutschland. Natürlich erbringen wir unsere Leistungen in erster Linie für uns selbst und unsere Angehörigen, aber nicht nur, sondern auch für unsere Kunden und Auftraggeber. Jeder Arbeitnehmer und Unternehmer trägt seinen Anteil zum deutschen Bruttoinlandsprodukt bei, jeder deutsche Schriftsteller und Künstler mehrt ein bisschen das Ansehen Deutschlands und damit auch das Europas und des Westens. Nicht der Stolz, auch der Gemeinschaft zu dienen, ist die Krankheit unserer Gesellschaft, sondern der egoistische Mangel einer solchen Selbstverpflichtung!

Dr. Rainer von Mellenthin, München

Wer trägt die Verantwortung?

CDU/CSU und die FDP verhalten sich unverantwortlich, indem sie populistisch die Botschaft verkünden, wir hätten noch viel Zeit, um die Klimaveränderung in erträglichem Rahmen zu halten. Sie erzeugen mit einem Vokabular der AfD eine wütende Stimmung gegen alle Maßnahmen zur Reduzierung der CO₂-Emissionen und verbreiten Angst und Unsicherheit.

Konstruktive Vorschläge kommen von ihnen nicht. Völlig abwegige Ideen wie längere Laufzeit von Atomkraftwerken lösen keine Probleme. Man müsste neue Brennstäbe beschaffen, um die AKWs länger laufen zu lassen und würde damit für viele Jahre ein neues Atomzeitalter einläuten. Der letzte Sommer hat in Frankreich gezeigt, dass viele Kraftwerke abgeschaltet werden mussten, da die Flüsse wegen der steigenden Temperaturen zur Kühlung nicht mehr in der Lage waren.

Die FDP gefällt sich in ihrer Rolle als Blockierer in der Ampel. Die CDU/CSU macht mit ihrer Sprache die Höcke-Partei salonfähig. Da kann der steile Anstieg der AfD nicht überraschen. Auch die Medien tragen mit ihrer Berichterstattung dafür Verantwortung.

Winfried Wolf, Hamburg

Hinweis

Leserbriefe sind in keinem Fall Meinungsäußerungen der Redaktion, sie dürfen gekürzt und in allen Ausgaben und Kanälen der Süddeutschen Zeitung , gedruckt wie digital, veröffentlicht werden, stets unter Angabe von Vor- und Nachname und dem Wohnort. Schreiben Sie Ihre Beiträge unter Bezugnahme auf die jeweiligen SZ-Artikel an forum@sz.de . Bitte geben Sie für Rückfragen Ihre Adresse und Telefonnummer an. Postalisch erreichen Sie uns unter Süddeutsche Zeitung, Forum & Leserdialog, Hultschiner Str. 8, 81677 München, per Fax unter 089/2183-8530.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: