Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz:Po-Grabscher darf nicht gekündigt werden

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  • Ein Vertriebsmanager belästigt an seinem Arbeitsplatz mehrere Frauen sexuell. Als sie das Verhalten dem Arbeitgeber kommunizieren, wird der Mann fristlos entlassen.
  • Dagegen geht er juristisch vor - und gewinnt. Eine vorherige Abmahnung habe gefehlt, urteilen die Richter.
  • Bereits im vergangenen Februar hatte das Bundesarbeitsgericht in einem ähnlichen Fall die fristlose Kündigung eines Mannes für nichtig erklärt, der am Arbeitsplatz eine Reinigungskraft sexuell belästigt hatte.

Was passiert ist

Einer Kollegin tätschelte er den Po und umarmte sie, eine andere fasste er von hinten an und schüttelte sie. Wegen wiederholter sexueller Belästigung wurde ein Berliner Vertriebsmanager fristlos entlassen. Doch für die Frauen in der Zeitarbeitsfirma ist der umstrittene Leiter keine Vergangenheit: Er muss wieder eingestellt werden, entschied das Arbeitsgericht in der Hauptstadt. Auch entgangenes Gehalt seit Dezember 2014 solle nachgezahlt werden.

Die fristlose Kündigung sei unwirksam, heißt es im Urteil vom 8. April (Aktenzeichen 10 Ca 18240/14), das erst jetzt bekannt wurde und der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. Zuerst hatte das Manager Magazin über die erfolgreiche Klage des Mannes berichtet.

Warum die Kündigung unwirksam ist

Eine vorherige Abmahnung habe gefehlt, begründeten die Richter die Entscheidung. Sie verwiesen auch auf die Verhältnismäßigkeit. So sei eine fristlose Kündigung das letzte Mittel. Verwiesen wurde außerdem darauf, dass es zu den Vorfällen schon ein halbes Jahr vor der Kündigung gekommen sei. Augenscheinlich hätten die betroffenen Arbeitnehmerinnen die Übergriffe als nicht so gravierend empfunden, sonst hätten sie diese der Unternehmungsleitung doch zeitnah mitgeteilt, hieß es im Urteil.

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Die Richter ließen das Argument des Unternehmens nicht gelten, dass die Kolleginnen verängstigt gewesen seien und sich erst nicht trauten, die Übergriffe anzusprechen. Das sei nicht nachvollziehbar, steht im Urteil. Der Rechtsstreit geht nun in die zweite Instanz: Die Firma habe Berufung eingelegt, wie ein Gerichtssprecher sagte.

Was der Anwalt sagt

Firmen-Anwalt Alexander Birkhahn ist von dem Richterspruch überrascht. "Es ist nicht nachvollziehbar, dass ein solches Verhalten lediglich mit einer Abmahnung sanktioniert werden soll", sagte er. Unverständlich sei, dass das Gericht keine Zeugen befragt habe. Der Vorsitzende Richter, der das Urteil fällte, ist mittlerweile in Pension. Über den übergriffigen Mann hatte Birkhahn zum Manager Magazin gesagt: "Er hatte eine Art Terrorregime aufgebaut, die Mitarbeiterinnen waren total verängstigt."

Wie die Rechtslage ist

Ob unsittliche Annäherung tatsächlich eine Entlassung nach sich zieht, hängt laut Bundesarbeitsgericht (BAG) immer von den Umständen des Einzelfalls ab. Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz müsse nicht zwangsläufig zur fristlosen Kündigung des Täters führen, schränkte das Gericht erst im Februar zu hohe Erwartungen Betroffener ein.

Damals hatte das BAG entschieden, dass die fristlose Kündigung eines Mannes, der am Arbeitsplatz eine Reinigungskraft sexuell belästigt hatte, unwirksam sei. Der Vorfall entspräche einer "einmaligen Entgleisung". Der Mann hatte sich zuvor bei der Frau entschuldigt und ihr ein Schmerzensgeld bezahlt.

© SZ.de/dpa/mkoh - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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