Regensburg: Ausbildung zum Gladiator:Nur für ganz Harte

30 Grad Hitze, wattierte Rüstungen und fünf Kilo Bronze auf dem Kopf: Die Universität Regensburg bildet im Sommer Gladiatoren aus - unter wissenschaftlicher Aufsicht. Das hält nicht jeder aus.

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Antike Gladiatorenkämpfe faszinieren die Menschen seit Alters her. Das heutige Bild der Gladiatoren wird dabei oft bestimmt von monumentalen Hollywoodstreifen. Doch diese Heldenepen aus dem Kino über angeblich Tod-Geweihte haben wohl mit der Realität vor zwei Jahrtausenden wenig zu tun. An der Regensburger Universität soll deswegen im August ein Gladiatoren-Spektakel in Dienste der Wissenschaft starten. Einen Monat lang werden 20 Studenten aus unterschiedlichen Fakultäten wie Pompejis Gladiatoren in der Zeit um das Jahr 79 nach Christus hausen, essen und trainieren - 24 Stunden am Tag. Schon in den nächsten Monaten werden die Teilnehmer auf das ungewöhnliche Projekt vorbereitet.

"Von den Gladiatoren wissen wir fast nichts", betont der Historiker und Projektleiter Josef Löffl. Mit dem Image der halsbrecherischen Wagenrennen aus Ben Hur kann er sich nicht anfreunden. "Damit sind viel Mythos und Klischees verbunden." Löffl und seine Forscher-Kollegen wollen der Sache auf den Grund gehen. Sie wollen herausfinden, wie diese römischen Kämpfer und antiken Entertainer lebten und ausgebildet wurden.

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Die Wissenschaftler wagen das Experiment, ob man aus einem Menschen des 21. Jahrhunderts einen authentischen Gladiator nach römischem Vorbild machen kann.

Dabei verspricht das Projekt den Gladiator-Azubis nicht nur Vergnügen. Pizza, Hamburger und Steaks sind für die angehenden Kämpfer tabu. Wie vom antiken Arzt Galen empfohlen, werden sie überwiegend Beeren und weiße Bohnen auf ihren Tellern finden. Dennoch haben rund 40 Bewerber Abenteuerluft gewittert. Bei einem Casting wurden die geeigneten Kandidaten ausgewählt.

Für diejenigen, die sich dabei durchsetzen konnten, stehen nun harte Zeiten an, denn unter dem fast fünf Kilogramm schweren Bronzehelm kann die Luft schon mal knapp werden. Im Hochsommer werden sie von der Außenwelt abgesperrt im Trainingscamp vielleicht bei 30 Grad Celsius in dick wattierten Polsterhosen und Schuhen schmoren müssen. Dann wird es weit und breit weder Freundin, noch Duschen, Schampoo oder gar Waschmaschine geben. Der gut trainierte Archäologiestudent Martin Schreiner nimmt diese Aussichten dennoch gelassen: "Für mich ist das eine willkommene Abwechslung zum Hocken vor dem Rechner", sagt er.

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"Wir haben noch keine Ahnung wie wir aus Couch-Potatoes Gladiatoren machen", meint die Sportwissenschaftlerin Stefanie Pietsch. Trainiert wird nun zunächst an vier Tagen pro Woche. Im Sommer geht es dann ins Übungscamp. Danach sollen die frisch ausgebildeten Kämpfer ihre Fertigkeiten bei Vorführungen im niederösterreichischen Archäologiepark Carnuntum demonstrieren.

Die Studenten müssen beispielsweise lernen, richtig zu fallen und sich in der Rüstung ohne Verletzungen zu bewegen. Wer hingegen nur mit Netz und Dolch kämpft, muss zwar weniger Kraft und Ausdauer haben, dafür aber schnell und wendig sein. "Von denen, die jetzt dabei sind, nehmen wir an, sie werden das Experiment gut durchhalten", sagt Löffl. Mit solchen praktischen Experimenten haben die Regensburger Historiker bereits Erfahrung. Im Jahr 2004 bauten Studenten eine römische Galeere nach und machten sie zur Donauattraktion. Im selben Jahr wanderten Geschichtsstudenten in 25 Kilogramm schweren Römerrüstungen über die Alpen und lebten wie Legionäre.

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Wie schon bei dem aufwendigen Schiffsbau setzten die Forscher bei der Finanzierung des Gladiatoren-Projekts auf Sponsoren. "Den Steuerzahler kostet das keinen Cent", betont Löffl. So sind die rund 200.000 Euro teuren Rüstungen von dem Unternehmer Hans Schaller aus dem oberbayerischen Pfaffenhofen an der Ilm spendiert worden. Der Gönner ist absolut römerbegeistert, historische Schauspiele sind sein Hobby. Der Manager, der in diesem Sommer wieder auf mehreren bayerischen Trabrennbahnen römische Kampfwagenrennen organisieren will, mischt dabei als "Schallus Brutalus Maximus" selbst kräftig mit. Mit einem Augenzwinkern bezeichnet er sich als "Tribun der Nordlegionen, Gesandter des Kaisers, Verteidiger der germanischen Provinzen" - und "Bürger Roms".

Foto: dpa (sueddeutsche.de/dpa/holz)

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