Trotzig wie ein Kleinkind beim Zubettgehen hat die FDP-Politikerin Silvana Koch-Mehrin auf den Entzug ihres Doktortitels durch die Universität Heidelberg reagiert. Die Dissertation beruhe auf ihrer eigenen wissenschaftlichen Leistung. Angreifbar seien allenfalls die Methodik sowie Ungenauigkeiten bei der Zitation, was bei der Annahme der Arbeit schon bemängelt worden sei.
Das ist einerseits eine hanebüchene Aussage - angesichts 120 enttarnter Passagen als Plagiat lässt sich nicht von einer bloßen Nachlässigkeit sprechen; andererseits müssen sich Universitäten folglich kritische Fragen gefallen lassen. Wie leichtfertig vergeben sie eigentlich den Titel?
Falls bereits bekannt war, wie schwach die Arbeit war: Warum lehnte man sie nicht ab oder brandmarkte die Verfasserin mit der schlechtesten Note "rite" (Koch-Mehrin erhielt "cum laude")? Zwar liegen strukturierte Doktoranden-Programme mit enger Betreuung im Trend. Der deutsche Promotionsbetrieb ist aber längst eine Art Durchlauferhitzer geworden.
Das Ideal der Wissenschaft allein zum Erkenntnisgewinn schwindet - favorisiert wird das Erlangen akademischer Würden mit möglichst wenig Aufwand. Denn der Doktor gilt als Karriere-Turbo, ist zudem Zierrat für Visitenkarten, Status-Ornament.
Fernab des Forschungsumfeldes basteln so Tausende berufsbegleitend an Dissertationen, mitunter schludrig oder gar verlockt zum Betrug. Die Hochschulen machen da gern mit - hohe Promotionsraten pro Professor bringen Renommee, oft auch mehr Landesmittel. Nötig ist ein Beharren auf Qualität: Zusätzlich zur strikten digitalen Plagiatskontrolle müssen die Universitäten aufpassen, den Ruf ihrer Doktortitel nicht zu verspielen.