"Ich hatte ein gutes Gefühl an diesem Morgen, als ich nach der Elternzeit in meinen alten Job zurückkehren sollte. Es war ein Januartag, ich war ein Jahr lang mit meinem ersten Sohn zu Hause gewesen und wollte wieder in Vollzeit als Leiterin der Rechtsabteilung bei einem Mittelständler arbeiten. Während der Elternzeit hatte ich Kontakt zu meinem Arbeitgeber gehalten, es hieß, sie freuten sich darauf, dass ich bald wieder da bin.
Dann kam ich ins Büro und sah, dass mein Schreibtisch leer war. Alle Arbeitsmaterialien waren weg, kein Bildschirm, geschweige denn ein Blumenstrauß. Einfach nichts, das auf meine Rückkehr hingedeutet hätte. Da war mir eigentlich schon klar: Die werfen mich raus. Nachdem mich meine Chefs eine Stunde lang herumsitzen hatten lassen, teilten sie mir mit, dass ich freigestellt sei. Das Unternehmen werde umstrukturiert, die Rechtsabteilung an eine externe Kanzlei ausgegliedert - und meine Stelle falle weg. Es war noch nicht mal Mittag, da war mein erster Arbeitstag schon wieder vorbei.
An diesem Tag ist etwas in mir explodiert. Ich beschloss, meine Energie in etwas anderes zu stecken und mich selbstständig zu machen. Und fing an, meinen Blog zum Thema Arbeitsrecht und Elternzeit mit Inhalten zu füllen, Webinare zu geben, und eröffnete meine eigene Kanzlei in Berlin.
Heute berate ich Frauen in Rechtsfragen, vom positiven Schwangerschaftstest bis zum Wiedereinstieg. Denn leider geht es vielen Müttern ähnlich wie mir. Ihnen wird nach der Elternzeit gekündigt, sie bekommen Aufhebungsverträge vorgesetzt oder werden degradiert. Eine meiner Mandantinnen, eine Projektleiterin bei einer Agentur, bekam nach der Elternzeit von ihrem Arbeitgeber mitgeteilt, dass sie künftig als Empfangsdame arbeiten soll.
Warum die Arbeitgeber das machen? Sie befürchten, dass eine Frau als Mutter ihren Job nicht mehr so machen kann wie zuvor. Sie glauben, dass sie öfter fehlen wird, wenn das Kind mal krank ist, und lassen sich auf flexible Regelungen wie Homeoffice oder Teilzeit gar nicht erst ein. Stattdessen flüchten sie sich in Ausreden, warum die Mitarbeiterin nicht auf ihre Stelle zurückkann. Ich berate natürlich auch Väter, allerdings sehr viel seltener. Meist sind Männer nur wenige Monate mit ihren Kindern zu Hause, diese Zeitspanne wird von vielen Arbeitgebern eher als verlängerter Urlaub wahrgenommen.
Meinen Mandantinnen und Mandanten rate ich, schon frühzeitig die Weichen für ihre Rückkehr zu stellen. Dazu gehört auch, alle Vereinbarungen für die Zeit nach der Elternzeit schriftlich festzuhalten. Kommt es zum Konflikt mit dem Arbeitgeber, dann ist es für mich ein Erfolg, wenn meine Mandantin sich mit der Lösung wohlfühlt. Manchmal landen wir vor Gericht, manchmal einigen wir uns auch außergerichtlich auf eine Abfindung.
Tag der berufstätigen Eltern:Für alle Ewigkeit in Teilzeit
Nach der Geburt ihres Kindes treten viele Frauen im Job kürzer. Später würden viele von ihnen gern wieder ihre Stunden aufstocken - eigentlich. Warum klappt das trotzdem so selten?
Ganz besonders berührt es mich, wenn sich Mandantinnen selbstständig machen - so wie ich es nach meiner Kündigung auch getan habe. Eine Ärztin, die ich als Rechtsanwältin begleitet habe, hat mich sogar zu ihrer Praxiseröffnung eingeladen. Es ist ein tolles Gefühl, diese Frauen stark machen zu können und sie auf ihre Rechte hinzuweisen. Ich mache Lobbyarbeit für eine Gruppe, die es gebrauchen kann."