Tag der berufstätigen Eltern:Für alle Ewigkeit in Teilzeit

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Immer noch leisten Mütter den Hauptteil der Erziehungsarbeit und treten dafür beruflich kürzer.

(Foto: Westend61/imago)

Nach der Geburt ihres Kindes treten viele Frauen im Job kürzer. Später würden viele von ihnen gern wieder ihre Stunden aufstocken - eigentlich. Warum klappt das trotzdem so selten?

Von Julia Hippert

Es war ein großer Aufruhr, Anfang August im kenianischen Parlament - und das alles nur wegen eines kleinen Menschen. Die Abgeordnete Zuleika Hassan hatte ihr fünf Monate altes Baby mit zur Arbeit gebracht, es habe zuhause einen Notfall gegeben, erklärte sie. Daraufhin wurde die Politikerin vom Sprecher des Parlamentes des Saals verwiesen. Laut der Hausordnung des kenianischen Abgeordnetenhauses dürfen keine Fremden den Plenarsaal betreten. Mehrere weibliche Abgeordnete verließen das Parlament mit Hassan - aus Protest.

Wie Zuleika Hassan dürften sich viel berufstätige Eltern fühlen, die tagtäglich damit kämpfen, Beruf und Familie unter einen Hut zu bringen. Nicht nur am "Tag der berufstätigen Eltern", der auf diesen Montag fällt, sondern jeden Tag. Immer noch leisten Mütter den Hauptteil der Erziehungsarbeit und treten dafür im Job kürzer: Laut Statistischem Bundesamt waren im Jahr 2018 in 45 Prozent der Familien mit Kindern unter 18 Jahren, in denen beide Partner berufstätig waren, die Mütter in Teilzeit beschäftigt, während die Väter Vollzeit gearbeitet haben. Die umgekehrte Variante - Väter Teilzeit, Mütter Vollzeit - traf nur auf ein Prozent der Paare zu.

Karrierefalle Teilzeit

Für viele Frauen erweist sich der Weg in die Teilzeit als Karriereknick. "Mütter kommen oft nicht mehr an die spannenden Projekte, sie sind von der Karriereentwicklung abgekoppelt," sagt Martin Bujard, Leiter des Forschungsbereiches Familie und Fertilität am Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung in Wiesbaden. Auch finanziell müssen Mütter Einbußen hinnehmen. So kam ein Report der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung zu dem Ergebnis, dass gerade höher gebildete Frauen in den ersten zehn Jahren nach der Geburt ihres Kindes 24 Prozent weniger verdienen als kinderlose Frauen.

Den Hauptgrund für die Benachteiligung von Müttern sieht Bujard in veralteten und zu starren Arbeitszeitmodellen. "In vielen Firmen gibt es entweder nur volle oder halbe Stellen, aber wenig dazwischen", sagt er. "Vollzeitnahe Teilzeitangebote mit 25 bis 35 Wochenarbeitsstunden ermöglichen die Unternehmen kaum. Dabei wäre das der Arbeitsumfang, den sich viele junge Paare wünschen, um sich die Erziehung gleichberechtigt aufteilen zu können." Wer seine Arbeitszeit reduzieren möchte, sieht sich also häufig gezwungen, eine halbe Stelle anzunehmen, weil es gar keine andere Alternative gibt. Dadurch können Frauen oft nicht so viel arbeiten, wie sie gerne möchten und Männern wird es schwerer gemacht, ihre Arbeitszeit um fünf bis zehn Wochenarbeitsstunden zu reduzieren.

Wer einmal auf einer Teilzeit-Stelle ist, hat es oft schwer, zurück auf eine Position in Vollzeit zu kommen, obwohl seit Januar 2019 ein gesetzlicher Anspruch darauf besteht. Ein Problem sieht Bujard darin, dass Unternehmen sich zu wenig Gedanken darüber machen, wie ein Übergang von einer temporären Teilzeit zurück in eine Vollzeitbeschäftigung aussehen kann. "Viele Vorgesetzte fragen ihre Mitarbeiterinnen gar nicht, ob sie sich vorstellen können, wieder etwas mehr zu arbeiten, wenn die Kinder etwas älter sind", sagt Bujard. Eine Anwesenheitskultur, viele Dienstreisen und eine Unternehmenskultur, die Meetings am späten Nachmittag ansetzt - eine Zeit, zu der die meisten Mütter ihre Kinder von der Betreuung abholen müssen - tun ihr Übriges.

Von den Arbeitgebern fordert Bujard, die unterschiedlichen Bedarfe und Lebenskonstellationen ihrer Mitarbeiter im Blick zu haben und gezielt darauf einzugehen. So könnten Potenziale besser genutzt werden. Denn: "Mütter, die den Spagat hinbekommen, sich um zwei oder drei Kinder zu kümmern und berufstätig zu sein, sind extrem gut organisiert und belastbar." Diese Kompetenzen würden heute oft nicht genutzt.

Aber auch die Väter sind gefragt. Zwar nimmt laut einer Studie des Deutschen Institutes für Wirtschaftsforschung (DIW) schon ein gutes Drittel der Väter in Deutschland Elternzeit, aber meist nur für die Dauer von zwei Monaten. "Es braucht Pioniere", findet Bujard. Väter müssten häufiger einfordern, dass sie ihre Arbeitszeit reduzieren - und das auch längerfristig. Aber auch unter den Vorgesetzten brauche es Pioniere, die bereit sind, ihren männlichen Mitarbeiter flexible Arbeitszeiten zu ermöglichen, ohne dass diese dabei um ihre Karriere oder ihren Verantwortungsbereich bangen müssen.

Dabei sollten sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer immer vor Augen halten, dass eine kurzfristige Reduzierung der Arbeitszeit auf die gesamte Lebensarbeitszeit kaum Auswirkungen hat. "Wer 10 von 45 Jahren seines Arbeitslebens zum Beispiel auf 80 Prozent reduziert und ein paar Monate für die Kinder aussetzt, hat im Vergleich zu jemandem, der immer in Vollzeit beschäftigt war, nur drei Jahre weniger im Leben gearbeitet", sagt Bujard. "Der Unterschied ist am Ende gar nicht so groß."

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