Job und Freizeit:Wie man erfolgreich von der Karriereleiter springt

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Nicht alle Arbeitnehmer halten sich an das Motto "schneller, höher, weiter". Einige wollen vor allem, dass es selbstbestimmt vorangeht. Karriereberaterin Wiebke Sponagel verrät, wie es funktioniert.

Jutta Göricke

Schon der Begriff "Karriereleiter" sagt alles: Wer in der Arbeitswelt als erfolgreich gelten und gut verdienen will, muss möglichst hoch klettern. Er darf nicht straucheln oder gar abspringen, sondern muss fokussiert nach oben streben. Sich dagegen zu entscheiden und stattdessen etwa mehr Zeit mit der Familie zu verbringen, verlangt Mut und Selbstbewusstsein.

SZ: Wer sollte runterschalten?

Wiebke Sponagel: Es gibt zwei Motivationen: die Sinnfrage und eine Überlastungssituation. Menschen, die kurz vor dem Burnout stehen, empfehle ich erst mal eine Therapie. Wenn sie danach wieder aufnahmefähig sind, können sie sich an die Umorientierung machen. Die Frage nach dem Sinn erwischt viele schon aus Altersgründen. Irgendwann stellt man fest, dass man nicht unendlich viel Zeit hat. Und die verbleibende Zeit möchte man möglichst sinnvoll füllen. Hinzu kommt, dass viele in Berufen tätig sind, die ein hohes Maß an stilisierter Professionalität fordern, etwa Anwälte und Banker. Solche Menschen sitzen vor mir und sagen, sie funktionieren nur noch. Einer sprach sogar von einer Zwangsjacke, die er ablegen möchte.

SZ: Was heißt "runterschalten" genau? Weniger oder langsamer arbeiten?

Sponagel: So wie ich es verstehe, ist es ein Abwenden von kollektiven Wertvorstellungen zu individuellen und von überwiegend fremd- zu selbstbestimmter Zeit. So haben viele meiner Klienten nach dem ersten Runterschalten wieder losgelegt, arbeiten wieder relativ viel, sind aber zufriedener damit.

SZ: Wie kommt man denn aus einer festgefahrenen Situation am besten heraus?

Sponagel: Das sieht bei jedem anders aus. Gut ist aber in jedem Fall ein "Ressourcencheck": Was kann ich? Was will ich? Wie kann ich mich selbst zu Zielen steuern? Was ist Ballast für mich? Danach ist ein Blick auf den Markt sinnvoll. Welche Nachfrage gibt es, passt sie zu mir, suche ich eine Nische?

SZ: Wie kann man sich als Downshifter innerhalb einer Unternehmenskultur behaupten, die gnadenlos auf "schneller, höher, weiter" setzt?

Sponagel: In einer Unternehmenskultur, in der es den Begriff vom Kollegenschwein gibt für jemanden, der auf sich achtet und nach acht oder neun Stunden geht, wird man schlechte Karten haben. Wenn das Unternehmen aber selbst eine nachhaltige Philosophie hat und etwa individuell zugeschnittene Zeitkonten anbietet, kann man auf Solidarität hoffen.

SZ: Kann es sinnvoll sein, ganz auszubrechen und sich zum Beispiel selbständig zu machen?

Sponagel: Und wie! Immerhin zwei von drei Gründungen gelingen. Und auf jeden Fall ist man als Selbständiger Herr seiner eigenen Zeit.

SZ: Selbstbestimmt, aber arm. Ist da nicht der nächste Stress im Anmarsch, diesmal im Gewand der Existenzangst?

Sponagel: Es ist schade, wenn das Runterschalten als Luxus gesehen wird, den sich nur die Reichen leisten können. Es kommt ja auch darauf an, wie weit es gehen soll. Manchen reicht es schon, von ihrem Überstundenberg runterzukommen und mal wieder einen Nachmittag im Café zu verbringen. Es muss nicht gleich die totale Neuorientierung sein. Oft ist es schon effektiv - und schwierig genug - an der richtigen Stelle "nein" zu sagen.

© SZ vom 14.07.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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