Inklusion:Die Teamworker

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Schulabsolventen, die Lehrer werden wollen, rät Markus Reiserer, nach dem Abi viele Praxiserfahrungen zu sammeln, um sich auf den komplexen Beruf vorzubereiten. (Foto: oh)

Lehrer müssen heute neue Herausforderungen meistern. Markus Reiserer erklärt, wie sich Pädagogen auf den komplexen Beruf vorbereiten sollten.

Interview von Anne-Ev Ustorf

Wer heute Lehrer wird, steht vor anderen Herausforderungen als die Pädagogen der 1970er- oder 1980er-Jahre. Markus Reiserer, Geschäftsführer des Münchener Zentrums für Lehrerbildung der Ludwig-Maximilians-Universität München, erklärt, worauf junge Pädagogen in ihrer Ausbildung besonders achten sollten.

SZ: Mathelehrer konnten früher zwanzig Jahre lang mithilfe derselben bläulichen Matrize Schülern den Dreisatz erklären. Heute müssen sie sich neben dem Unterricht noch mit ständig wechselnden Lehrplänen und der Inklusion beschäftigen. Ist das Lehrerleben schwieriger geworden?

Markus Reiserer: Vielleicht insofern, als sich Lehrer heute immer wieder schnell an neue Herausforderungen gewöhnen müssen. Vor zehn Jahren kamen die digitalen Medien, dann kam die Inklusion, jetzt sind die Flüchtlingsklassen da. All diese neuen Themenbereiche kann man sich nicht an einem Nachmittag in einer Fortbildung aneignen. Man muss offen und flexibel sein und mit neuen Herausforderungen umgehen. Über das ganze Lehrerleben hinweg, das an die vierzig Jahre dauert.

Hat auch die Ganztagsschule den Lehrerberuf verändert?

Sicher. Generell sollten sich angehende Lehrer von dem Gedanken verabschieden, dass sie nur den Vormittag in der Schule sind. Auch werden Lehrer in Zukunft weniger als Einzelkämpfer im Klassenzimmer stehen, sondern mehr mit Kollegen kooperieren, also kollegiale Unterrichtskonzepte entwickeln. Team-Teaching ist ein Riesenthema, gerade in den Zeiten von Inklusion, da nun Sonderpädagogen und Schulbegleiter in den Unterricht integriert werden.

Wie bereiten Sie junge Lehrer auf diese neuen Herausforderungen vor?

Man muss die Zeit zwischen Abi und Referendariat nutzen und so viele Praxiserfahrungen machen wie möglich. In der Praxisausbildung hat sich in den letzten Jahren deshalb viel getan, heute gibt es zahlreiche Möglichkeiten für Studierende, sich mit Feedback und Hilfestellungen zu erproben. Wir haben zum Beispiel in den vergangenen Jahren etwa sogenannte UNI-Klassen eingerichtet, speziell eingerichtete Klassenräume an Regelschulen, wo wir den Unterricht von Lehramtsstudierenden live in einen Nebenraum übertragen, damit die anderen Studenten ihn am Ort beobachten und besprechen können. In einer solchen Beobachtungssituation zu unterrichten, erfordert einerseits Mut, hilft andererseits aber enorm weiter, um die komplexen Anforderungen des Lehrberufs frühzeitig kennenzulernen.

Was raten Sie heute jungen Menschen, die auf Lehramt studieren wollen?

In Bayern ist es derzeit gerade schwierig, mit geistes- und sozialwissenschaftlichen Fächern als Gymnasial- oder Realschullehrer unterzukommen. Dennoch rate ich immer, nach Interesse zu studieren, da dies eine entscheidende Voraussetzung für ein erfolgreiches Studium ist. Darüber hinaus sollte man die Einstellungsprognosen kennen und die Studienzeit nutzen, um sich - etwa in Praktika oder Jobs - auch in alternativen außerschulischen Berufsfeldern umzusehen.

© SZ vom 14.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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