Frage an den SZ-Jobcoach:Wie versöhne ich verfeindete Mitarbeiter?

Lesezeit: 3 min

Das Klima im Team von Timo E. ist frostig. Es gibt zwei Lager, die sich aus dem Weg gehen und nur die nötigsten Informationen per E-Mail weiterreichen. Wie schafft er als Abteilungsleiter Frieden?

SZ-Leser Timo E. fragt:

Ich bin 37 Jahre alt und führe als Abteilungsleiter in der Kommunalverwaltung 15 Mitarbeiter. Ich habe die Stelle vor einem halben Jahr als Externer angetreten und musste feststellen, dass mein Team zerstritten ist. Es haben sich zwei etwa gleich starke Lager gebildet, die sich aus dem Weg gehen und nur die nötigsten Informationen per E-Mail weiterreichen. Das Klima ist frostig.

#endlichfreitag zu Streit im Büro
:Stirb langsam, Kollege

"Ich will mich raushalten", sagt der Kollege - und ist schon mitten drin. Denn im Büro wird nicht weniger gestritten als in der Kindheit, nur weniger offen. Da wäre manchem der konfrontative Tritt gegen das Schienbein lieber.

Von Johanna Bruckner

Für eine frei gewordene Stelle habe ich eine kompetente und motivierte Mitarbeiterin eingestellt, die schon nach zwei Monaten überlegt, sich eine andere Arbeit zu suchen. Beide Lager versuchen, sie auf ihre Seite zu ziehen. Sie will sich nicht vereinnahmen lassen, seither gehen ihr alle aus dem Weg. Mein Vorgänger ist mit dem Versuch gescheitert, Subgruppen aus beiden Lagern zu bilden und mit gemeinsamen Aufgaben zu betrauen. Die Ergebnisse waren nicht zufriedenstellend.

Wie kann ich meine Mitarbeiter dazu bewegen, ihre teils schon Jahre bestehenden Feindbilder aufzugeben und wieder zusammenzuarbeiten?

Georg Kaiser antwortet:

Lieber Herr E., vermutlich werden Sie den Kern des Konflikts zunächst gar nicht besprechen können. Wenn beide Gruppen nur untereinander, aber nicht mehr miteinander reden, wird es schwer sein, die eigentlichen Themen auf den Tisch zu legen. Im vertrauten Kreis wird gelästert, in der großen Runde so getan, als wäre nichts. Niemand will sich eine Blöße geben, wenn die "Gegner" dabei sind.

Diese Vermeidungshaltung zu durchbrechen, kostet enorm viel Energie und erfordert die Bereitschaft, den Konflikt zuzuspitzen. Es verlangt Fingerspitzengefühl und ein großes Repertoire an psychologischen und methodischen Vorgehensweisen. Für Ihre Mitarbeiter führt der Weg über die Auseinandersetzung mit ihren Enttäuschungen und die Klärung der eigenen Vorurteile. Beide Lager sehen sich als Opfer und blenden den eigenen Täteraspekt aus, der unter anderem zur Ausgrenzung der neuen Kollegin geführt hat.

Die notwendige Konfrontation mit den eigenen Täter- und Schattenseiten ist hochexplosiv. Sie kann zu einer Verbrüderung der gegnerischen Lager gegen diejenigen führen, die sie zwingen, sich mit diesem unbequemen Thema zu beschäftigen. Die Gefahr, dass Sie in Ihrer Rolle als Führungskraft als unfair und parteiisch wahrgenommen werden, wenn Sie die Auseinandersetzung auf heikle Themen lenken, ist groß und kann zu einer starken Abschottung führen. Auch die neue Mitarbeiterin sollte zunächst schweigen und erst dann etwas sagen, wenn beide Gruppen begonnen haben, den Konflikt untereinander zu klären.

Einen möglichen Einstieg in die Konfliktbearbeitung sehe ich in der Besprechung der Selbst- und Fremdbilder, die beide Gruppen voneinander haben. Sie können thematisieren, wie sich beide Gruppen erklären, dass sie jeweils ein positives Bild von sich selbst und ein negatives von der anderen Gruppe haben. Das kann zu der Erkenntnis führen, dass beide Gruppen die Auswirkungen des Konflikts ähnlich erleben und verarbeiten. Später können Sie zum Geschehen überleiten, das dem Konflikt zugrunde liegt und ihn immer wieder anheizt.

Da Gesprächsbereitschaft und Vertrauen auf ganz wackeligen Füßen stehen, sollten zunächst die leichten Themen besprochen werden. Wenn dafür Lösungen gefunden werden, können zunehmend auch schwierigere Inhalte mit höherer emotionaler Ladung geklärt werden.

Wenn die wesentlichen Punkte geklärt sind, sollte die Vergangenheit als ein unglücklich verlaufener Prozess mit vielen Missverständnissen eingeschätzt werden. Nachdem sie einen Schlussstrich gezogen haben, können beide Gruppen gemeinsam Lösungen für ein zukünftig besseres Miteinander entwickeln.

Weil eine missglückte Konfliktklärung Ihre Autorität und Vertrauenswürdigkeit untergräbt, rate ich davon ab, den Konflikt im Alleingang anzugehen, und empfehle ein für alle Mitarbeiter verpflichtendes Teamtraining unter professioneller Anleitung. Am besten mit Übernachtung in einem Tagungshotel, das ein angenehmes Ambiente und Abstand zum Tagesgeschäft bietet. Der Zeitrahmen ist abhängig von der Komplexität des Konflikts.

Die Kosten für ein erfolgreiches Teamtraining amortisieren sich schnell. Die Leistungssteigerung in Ihrem Team entspricht dem Ausmaß der Kräfte, die nicht mehr in unterschwellige Auseinandersetzungen, sondern wieder ins Tagesgeschäft investiert werden.

Haben Sie auch eine Frage zu Berufswahl, Bewerbung, Arbeitsrecht, Etikette oder Führungsstil? Schreiben Sie ein paar Zeilen an coaching@sueddeutsche.de . Unsere sechs Experten wählen einzelne Fragen aus und beantworten sie im Wechsel. Ihr Brief wird komplett anonymisiert.

© SZ vom 06.12.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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