Frage an den SZ-Jobcoach:Darf ich mich nach einem Glas Sekt verabschieden?

Lesezeit: 2 Min.

Ist es okay, sich nach einem Glas Sekt vom Chef und den Kollegen zu verabschieden? Der SZ-Jobcoach gibt Knigge-Tipps für den gekonnten Abgang bei beruflichen Geselligkeiten. (Foto: Robert Haas)

SZ-Leser Maximilian M. ist kein Freund des Small Talks. Bei beruflichen Geselligkeiten geht er deshalb gerne früh. Doch stößt er damit nicht Chef und Kollegen vor den Kopf? Und soll er sich von allen Anwesenden verabschieden?

SZ- Leser Maximilian M. fragt:

Ich bin kein Freund des Small Talks und gehöre daher bei beruflichen Geselligkeiten oft zu den ersten, die sich verabschieden. Ich möchte nicht unhöflich wirken und wüsste daher gerne, wie lange man etwa bei einem Sektempfang bleiben muss, ohne Kollegen oder Kunden vor den Kopf zu stoßen. Muss man sich bei einem solchen Anlass bei allen verabschieden? Oder nur beim Gastgeber? Sollte man ihn auch unterbrechen, wenn er gerade in einem Gespräch ist? Genügt es, wenn man am nächsten Tag eine Dankes-Mail schreibt?

Jan Schaumann schreibt:

Lieber Herr M., es hat den Anschein, als bedeuteten derartige Veranstaltungen beinahe eine Last für Sie. Daher halte ich es für wichtig, zunächst einmal den Grund für diese Zusammenkünfte zu beleuchten. Wenn Sie sagen, dass es sich um berufliche Geselligkeiten handelt, nehme ich an, dass es Veranstaltungen sind, die von Ihrem Arbeitgeber initiiert wurden oder für diesen eine gewisse Bedeutung haben. Gerade bei vertriebsnahen Tätigkeiten wird häufig bereits in der Arbeitsplatzbeschreibung deutlich, dass neben der unmittelbaren, vertrieblichen Aufgabe der Aufbau und die Pflege eines Kontaktnetzwerks zum Spektrum des Jobs gehören.

Abend- oder Wochenendveranstaltungen mit Kunden, Einladungen zu kulturellen Ereignissen oder die Teilnahme an Kongressen und Konferenzen sind für Außenstehende nicht immer eindeutig als dienstliche erkennbar. Dennoch führt gerade dieser Kontakt häufig zu einem Kennenlernen besonderer Art und kann die Weichen für ein Geschäftsverhältnis positiv stellen.

Es sind alles Möglichkeiten, seine Geschäftspartner in einer ungezwungeneren Situation zu erleben. Nur durch Kommunikation kann Vertrauen entstehen. Und das wiederum ist die beste Basis für gemeinsame Geschäfte. "Beziehungen schaden dem, der keine hat", lautet ein ebenso alter wie oftmals negativ interpretierter Spruch.

In Ihrem Fall geht es weniger um Seilschaften, sondern vielmehr darum, zu Geschäftspartnern neben der rein beruflichen Ebene eine weitere, eher emotionale Beziehung aufzubauen.

Dennoch gibt es natürlich Situationen, in denen man sich der Kommunikation mit anderen, so hilfreich und sinnvoll diese sein mag, entziehen möchte. Aus welchem Grund auch immer. Dass dies ebenso respektvoll wie wertschätzend vonstattengehen sollte, versteht sich von selbst.

Während der Small Talk, also das kurze Gespräch, mit ein wenig diplomatischem Geschick ("Ich sehe gerade, meine Kollegin will gehen, und ich müsste mit ihr noch etwas besprechen - vielen Dank für das nette Gespräch und einen schönen Abend!") beendet werden kann, gestaltet sich das generelle Verabschieden ein wenig aufwendiger. Selbstverständlich sollten Sie sich beim Gastgeber verabschieden. Unter Umständen kann eine Erklärung für Ihren frühen Abgang hilfreich sein.

Wenn Sie sich von vorneherein den Weg für einen zeitigen Aufbruch sichern wollen, geben Sie dem Gastgeber gleich zu Beginn ein entsprechendes Signal, dass Sie spätestens zu einer bestimmten Uhrzeit gehen müssen. Da die Verabschiedung schnell eine Gruppendynamik auslöst und sich andere Gäste anschließen, dient ein gewisses Maß an Diskretion beim Verlassen der Feier dem Fortbestehen der Atmosphäre.

Also bitte nicht bereits in Hut und Mantel auffällig nach dem Gastgeber suchen. Warten Sie einen günstigen Moment ab, in dem dieser nicht in einer Unterhaltung ist, und sprechen ihm Ihren Dank für die Einladung und die gelungene Veranstaltung aus. Im Zeitalter der digitalen Kommunikation ist eine handgeschriebene Dankeskarte per Post ein, zwei Tage danach übrigens eine schöne Überraschung und sorgt für eine positive Erinnerung an Sie.

Jan Schaumann war in verschiedenen Führungspositionen in international operierenden Unternehmen in Europa, den USA und in Asien tätig. Heute lebt er als Managementtrainer, Seminarleiter und Buchautor in Berlin.

Haben Sie auch eine Frage zu Bewerbung, Berufswahl, Etikette, Arbeitsrecht, Karriereplanung oder Führungsstil? Schreiben Sie ein paar Zeilen an coaching@sueddeutsche.de. Unsere sechs Experten beantworten ausgewählte Fragen im Wechsel. Ihr Brief wird selbstverständlich anonymisiert.

© SZ vom 27./28.04.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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