Folgen der Guttenberg-Affäre:"Plagiate sind überall"

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Nationale Prüfstellen oder massive rechtliche Folgen? Nach der Plagiatsaffäre um Karl-Theodor zu Guttenberg und andere Politiker ist an den Universitäten eine Debatte darüber entbrannt, wie man Betrug bei Doktorarbeiten vorbeugen kann. Auch die Politik sucht nach Lösungen.

Tanjev Schultz

Als Karl-Theodor zu Guttenberg im Bundestag seine Doktorsünden beichten musste, sprach er von einem "schlechten Signal", das er an die Wissenschaft ausgesendet habe. Die Folgen der Plagiatsaffäre für Guttenberg sind bekannt, mit den Folgen für die Universitäten befasst sich der Bundestag an diesem Mittwoch.

Eine Affäre, die lange Schatten wirft: Der Bundestag diskutiert über die Folgen der Plagiatsaffäre. (Foto: dpa)

"Plagiate sind überall" - mit dieser leicht überdrehten Diagnose bittet Ulla Burchardt (SPD), die Vorsitzende des Ausschusses für Bildung und Forschung, zu einer Expertenanhörung. Burchardt fordert, Dissertationen bundesweit mit Stichproben zu kontrollieren. Die Grünen plädieren für ein anonymes Begutachtungssystem, an dem sich einzelne Fakultäten beteiligen könnten. Bundesforschungsministerin Annette Schavan (CDU) vertraut bisher auf die Selbstkontrolle der Hochschulen.

Dass dort noch mehr getan werden könnte, um Plagiaten und anderem wissenschaftlichen Betrug vorzubeugen, zeigen die Stellungnahmen der Fachleute, die nun im Bundestag auftreten. So schlägt der Bonner Rechtsprofessor Wolfgang Löwer vor, die Haftungsfolgen bei gefälschten Daten, etwa in medizinischen Studien, zu verschärfen. Wissenschaftler, die erwischt werden, hätten dann damit zu rechnen, dass sie Forschungsgelder persönlich zurückzahlen müssen.

Löwer ist "Ombudsmann für die Wissenschaft". Dies ist ein Amt, das die Deutsche Forschungsgemeinschaft 1999 im Kampf gegen Regelverstöße eingerichtet hat. Kritikern reicht dies nicht. Sie wünschen sich, dass Ombudsleute stärker selbst aktiv werden und nicht nur darauf warten, dass ihnen Problemfälle genannt werden.

Die Berliner Informatikerin Debora Weber-Wulff verlangt eine "nationale Beratungsstelle", ähnlich dem "Office of Research Integrity" in den USA. Bis die Hochschulen eigene Systeme zur Qualitätssicherung entwickeln, solle diese zentrale Stelle Doktorarbeiten und Studien stichprobenartig überprüfen können. Weber-Wulff, die selbst im Internet aktiv an der Plagiatssuche beteiligt ist, denkt dabei an Methoden, wie sie auf Online-Seiten wie "GuttenPlag" genutzt werden.

Angst vor dem Qualitätsverfall

Nach Guttenbergs Rücktritt haben Aktivisten im Internet gegen mehr als ein Dutzend weiterer Dissertationen Plagiatsvorwürfe erhoben; außer Abgeordneten sind auch Manager und Wissenschaftler betroffen. In Deutschland erwerben jedes Jahr mehr als 25.000 Akademiker einen Doktortitel. Wie viele gerade an einer Doktorarbeit sitzen, wird dagegen nicht systematisch erfasst.

"Wünschenswert wären einheitliche landesrechtliche Regelungen zur Registrierung von Doktoranden", sagt Stefan Hornbostel, Leiter des Instituts für Forschungsinformation und Qualitätssicherung. Im Ausschuss des Bundestags will er zudem dafür plädieren, die Aufnahme von Doktoranden stärker zu regulieren sowie Rankings und die Vergabe von Forschungsmitteln nicht an der schieren Zahl abgeschlossener Promotionen auszurichten. Verhindert werden müsse ein "Qualitätsverfall".

© SZ vom 09.11.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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Guttenberg: Zitate zur Plagiatsaffäre
:Von "abstrusen" Vorwürfen und "schmerzlichen Schritten"

Jetzt hat er es schriftlich: Karl-Theodor zu Guttenberg hat bei seiner Doktorarbeit "vorsätzlich getäuscht", sagt die Kommission der Uni Bayreuth. Er selbst sieht das anders. Die gesammelten Zitate zur Plagiatsaffäre.

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