Beförderung:Was junge Führungskräfte zu beachten haben

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In Hoffenheim wird der 28-jährige Julian Nagelsmann als künftiger Bundesliga-Trainer präsentiert. Mit welchen Problemen junge Führungskräfte konfrontiert werden - und welche sie selbst verursachen.

Von Matthias Kohlmaier

1899 Hoffenheim sorgt im kommenden Jahr für eine Bestmarke in der Bundesliga: Der 28-jährige Julian Nagelsmann übernimmt den Trainerposten und wird damit jüngster Bundesliga-Coach aller Zeiten. Damit folgt er nicht nur auf den dann 62-jährigen Huub Stevens, der theoretisch sein Großvater sein könnte. Er wird auch Spielern wie Eugen Polanski, dann 30, oder Kevin Kurányi, dann 34, erklären, wann sie auf dem Platz wohin zu laufen haben.

Klar, Alter ist nur eine Zahl und sagt wenig über die Kompetenzen aus. In den Köpfen vieler Berufstätiger hat sich dennoch das Klischee festgesetzt: Wer jung ist, vermag noch gar nicht so viel zu können, dass sie oder er zur Führungskraft taugt. Junge Menschen in der ersten Führungspostion ihres Berufslebens sind oft mit Problemen konfrontiert - und sie sorgen sie auch selbst für Probleme. Wie sich dem begegnen lässt, erklärt Managementberaterin Christine Demmer, die für die Süddeutsche Zeitung als Jobcoach Fragen der SZ-Leser beantwortet.

Welche Probeme auf junge Führungskräfte zukommen

Gerade bei älteren Teammitgliedern stellt sich, wenn sie einen jungen Kollegen vor die Nase gesetzt bekommen, schnell die Kompetenzfrage. Sie trauen dem neuen Chef seines Alters wegen die Führungsaufgabe nicht zu, ignorieren Anweisungen oder setzen sich gar darüber hinweg.

"Hauptaufgabe einer Führungskraft ist es, das Team dabei zu unterstützen, seinen Job perfekt machen zu können", sagt Christine Demmer. Rechtfertigungsdruck habe der Neu-Chef keinen, er solle offen und ehrlich auf Angestellte zugehen, transparent erklären, was er sich vorstelle und umsetzen wolle. "So lassen sich auch potenzielle Neider meist schnell beruhigen", sagt Demmer. "In einer Führungsfunktion ist nicht die beste Fachkraft gefragt, sondern derjenige, der am besten steuern und das Team bei dessen Arbeit unterstützen kann." Das müsse der Chef klarstellen.

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Ein weiteres Problem junger Neu-Führungskräfte: Von ihnen wird meist erwartet, schnell Entscheidungen zu treffen und Dinge zu verändern. Ein Fehler, meint Christine Demmer: "In den ersten drei bis vier Wochen sollte man gar nichts verändern, sondern die Zeit nutzen, um sich in seiner neuen Position zurechtzufinden und das Team kennenzulernen." Wer verstanden habe, welches Teammitglied was könne und wolle, könne langsam damit beginnen, Altes abzuschaffen und Neues einzuführen.

Er oder sie darf sich jedoch keinesfalls zwischen zwei Fronten aufreiben: "Es gibt Interessenskonflikte zwischen Mitarbeitern an der Basis und den Abteilungsleitern zwei Ebenen darüber. Der Teamleiter sitzt dazwischen in einer Sandwich-Position und soll die Ziele der Oberen mit der Hilfe der Unteren erreichen", sagt Demmer. Die junge Führungskraft darf sich also nicht nur ausschließlich zum Team zugehörig fühlen, sondern soll sich beim eigenen Vorgesetzten für die Belange seiner Untergebenen einsetzen. Ein Balanceakt, der behutsam angegangen werden will.

Welche Probleme junge Führungskräfte verursachen

Man ist jung, fleißig, versteht viel vom eigenen Fachgebiet - und wird schließlich als Dank für die gute Arbeit befördert. In Deutschland ist das der klassische Weg zur ersten Führungsaufgabe. Für Betroffene gewöhnlich eine schöne Sache, aber Vorsicht: Mit Führungsverantwortung ist man keine Fachkraft mehr und muss lernen, seinem Team in fachlichen Dingen zu vertrauen.

"Sie müssen sich immer wieder klar machen: Ich habe jetzt andere Aufgaben!", meint der Jobcoach. Das bedeute auch, das Team arbeiten zu lassen und nicht sämtliche Aufgaben an sich zu reißen in dem Glauben, man könne eh alles besser.

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Ein anderer häufiger Fehler junger Chefs, der die Stimmung im Team nachhaltig belasten kann: Die Führungskraft fühlt sich jungen Teamitgliedern näher als älteren Kollegen. "Es ist eigentlich eine Binsenweisheit", meint Christine Demmer, "aber: Als junger Chef muss man sich immer wieder vor Augen halten, dass jeder Mitarbeiter gleich behandelt werden sollte. Egal, wie alt er oder sie ist und wie lange er oder sie schon in der Firma arbeitet."

Alle gleich zu behandeln, schließt auch den Einsatz von Lob oder Tadel mit ein. Junge Chefs und Chefinnen müssen lernen, ihre disziplinarische Gewalt klug zu gebrauchen. "Im Überschwang der neu gewonnenen Macht reagieren gerade junge Führungskräfte in vielen Situationen zu harsch", sagt Beraterin Demmer. Daher gelte auch hier: Nicht sofort das Büro mit dem Stahlbesen kehren, sondern erst einmal ein paar Wochen lang beobachten - und dann die Führungsstärke dosiert einsetzen.

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