Trainer Nagelsmann in Hoffenheim:Der die Talente versteht

1899 Hoffenheim v FC Schalke 04 - A Juniors Bundesliga Semi Final

Julian Nagelsmann, 28, trainiert zurzeit die U19 der TSG Hoffenheim und erwirbt die Lizenz zum Fußballlehrer. Im Juli wird er neuer Profitrainer der TSG.

(Foto: Simon Hofmann/Getty Images)
  • Im Sommer 2016 löst Julian Nagelsmann Huub Stevens als Cheftrainer der TSG Hoffenheim ab.
  • Nagelsmann wird dann der jüngste Trainer in der Geschichte der Fußball-Bundesliga sein.
  • Dem FC Bayern musste er einst absagen.

Von Benedikt Warmbrunn

Der junge Mann, dessen Namen die Nachrichtenagenturen am Dienstagmittag hektisch über den Ticker verteilt haben, schaut sich gerne US-Serien an, "House of Cards" zum Beispiel oder "Homeland". Er fährt oft auf dem Mountainbike durch den Kraichgau, außerdem zeigt er gerne Handyfotos von seinem kleinen Sohn. Er ist also ein junger Mann wie so viele junge Männer in dieser Zeit. Zumindest bis zum nächsten Sommer.

Am 1. Juli 2016, 22 Tage vor seinem 29. Geburtstag, wird Julian Nagelsmann Huub Stevens als Cheftrainer der TSG Hoffenheim ablösen, er wird dann der jüngste Trainer in der Geschichte der Fußball-Bundesliga sein, vorausgesetzt, Hoffenheim spielt dann noch dort.

Ein Montagvormittag Anfang Mai, ein abgedunkelter Raum in der Hoffenheimer Nachwuchsakademie. Nagelsmann, der U19-Trainer der TSG, erzählte wenige Tage vor der Endrunde der deutschen Meisterschaft von seinen Zielen: dass er mit seiner Elf gerne den Titel verteidigen würde (klappte nicht); dass er als nächsten Schritt gerne eine U23 betreuen würde (klappte nicht). Und er sagte: "Ich würde mir gerne in der Bundesliga selbst bestätigen, dass ich ein guter Trainer bin."

Das könnte klappen. Seit fast fünf Jahren war Nagelsmann an diesem Mai-Vormittag als Trainer in Hoffenheim, als Co-Trainer der U17, als U17-Trainer, als Assistent der Profitrainer Marco Kurz und Markus Gisdol, schließlich als U19-Trainer. Langsam hatte er sich nach oben gearbeitet, und mit jedem Schritt waren die Begehrlichkeiten gestiegen. Mehrere Bundesligisten wollten Nagelsmann als U23-Trainer verpflichten, einem hätte er im Frühjahr beinahe zugesagt, aber dann sagte der vermeintliche neue Profitrainer dort doch noch ab. Und mit ihm Nagelsmann.

Im Büro von Uli Hoeneß

Auch der FC Bayern war an ihm interessiert, Uli Hoeneß wollte ihn unbedingt als Trainer für die U17 holen. Nagelsmann saß schon bei Hoeneß im Büro, hörte sich dessen Pläne an, beeindruckte mit seinen Ansichten - der Wechsel scheiterte am Veto von TSG-Mäzen und Nagelsmann-Förderer Dietmar Hopp.

In seinen bisherigen fünf Jahren in Hoffenheim hat sich Nagelsmann einen Namen als Talenteversteher gemacht; er kann mal der Kumpel sein, er kann aber auch richtig ungemütlich werden. Vor allem aber versteht er den Fußball und kann ihn anschaulich erklären.

Als Scout für Thomas Tuchel unterwegs

Nagelsmann, der seine Spielerkarriere als 19-Jähriger nach zahlreichen Verletzungen beenden musste, lässt seine Mannschaften einen rasanten Überfallfußball spielen: "Der erste Punkt ist immer, wie der Gegner das Spiel eröffnet. Diese Spiel-Eröffnung schenke ich ihm", sagt er, "dann aber sind wir da."

Der zweite Pass soll dem Gegner nie ermöglicht werden, nach der Balleroberung geht es auf direktem Weg aufs gegnerische Tor zu. Für diesen Stil entwickelt er viele Konzepte, eine Eigenschaft, die er sich bei Thomas Tuchel abgeschaut hat, für den er beim FC Augsburg einst als Scout die Landesliga beobachtet hat.

Fast so viel wie über Taktik denkt Nagelsmann über Gruppenpsychologie nach; einmal im Monat lässt er sich von einem Experten aus Göttingen neueste Erkenntnisse aus der Erforschung der Gruppendynamik erklären, auf eigene Kosten. Bisher hat er nur geahnt, dass dieses Verständnis mal entscheidend sein könnte für den Erfolg als Profitrainer. Nun wird er sein Wissen einem ersten Praxistest unterziehen - früher als gedacht.

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